Parlamentswahl

Wahldebakel der Regierungspartei in Taiwan

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Die Wahllokale sind geschlossen - ohne Zwischenfälle ist die Parlamentswahl in Taiwan zu Ende gegangen. Die Regierungspartei hat massiv verloren.

Die taiwanesische Regierungspartei DPP (Demokratische Fortschrittspartei) hat am Samstag bei der Parlamentswahl eine schwere Wahlniederlage erlitten. Nach Auszählung von 85 Prozent der Stimmen hatte die Partei von Staatspräsident Chen Shui-bian laut Berichten des Fernsehens nur 26 Abgeordnetensitze erobert, während die oppositionelle Nationalpartei Kuomintang (KMT), die einstige Staatspartei, schon 75 Mandate errungen hatte. Im neuen Abgeordnetenhaus (Legislativ-Yuan) sitzen 113 Abgeordnete, von denen 79 direkt gewählt und 34 anteilig nach den Wahlergebnissen der Parteien bestimmt werden, die mehr als fünf Prozent Stimmenanteil erreicht haben.

Unmut über wirtschaftliche Lage
Als Ursachen für die Niederlage des Präsidenten und seiner Partei gelten die Unzufriedenheit über die wirtschaftliche Lage, mehrere Korruptionsskandale und die Spannungen mit der Volksrepublik China. Rund 16,5 Millionen Taiwanesen waren aufgerufen, über die Zusammensetzung des von 225 auf 113 Mitglieder verkleinerten Abgeordnetenhauses zu entscheiden. Zwölf Parteien hatten insgesamt 423 Kandidaten aufgestellt.

Präsident Chen, der für die Eigenständigkeit der Inselrepublik eintritt, sagte nach seiner Stimmabgabe in einer Volksschule in der Hauptstadt Taipeh, die Wahl solle ein "Sieg für Taiwan und für Demokratie und Gerechtigkeit" sein. "Demokratie ist kein Geschenk, das einfach vom Himmel fällt", sagte er. Chen, der im Jahr 2000 an die Macht kam, darf bei der Präsidentschaftswahl am 22. März nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten. Vor der Demokratisierung des politischen Systems Anfang der 1990er Jahre regierte die Kuomintang als Staatspartei autoritär.

"Ein-China-Dogma"
Die Kuomintang war in China seit 1928 an der Macht und musste nach ihrer Niederlage im Bürgerkrieg gegen die Kommunisten 1949 auf die Insel ausweichen. Im Gegensatz zur Demokratischen Fortschrittspartei, die die Eigenstaatlichkeit Taiwans anstrebt, verteidigt die KMT ebenso wie die Führung in Peking das "Ein-China"-Dogma. Die KMT konnte von einer Serie von Korruptionsskandalen profitieren, in die die DPP im vergangenen Jahr verstrickt war. Auch bei der bevorstehenden Präsidentenwahl hat der KMT-Kandidat Ma Ying-jeou derzeit die besten Siegeschancen.

Peking hatte auf die Unabhängigkeitspläne des taiwanesischen Präsidenten wiederholt mit der Androhung militärischer Maßnahmen reagiert. 2005 beschloss der Volkskongress in Peking das sogenannte Antisezessionsgesetz, das die chinesische Armee zu einem Militärschlag ermächtigt, falls sich die Insel von China loslösen oder einer Wiedervereinigung auf ewig entziehen wolle. 2003 hatte das Parlament in Taipeh bereits die Grundlage für die Abhaltung eines Unabhängigkeits-Referendums geschaffen. Die Formel "Ein Land - zwei Systeme", die Peking für die Wiedervereinigung angeboten hatte, war von der taiwanesischen Regierung als untauglich und als "Schwindel" abgelehnt worden. Sie bezog sich auf das Modell des gleichgeschalteten Sonderverwaltungsgebiets Hongkong.

Im "Taiwan Relations Act" hatten die USA 1979 der Insel vertraglich garantiert, ihr im Fall eines Angriffs zu Hilfe zu kommen. 1996 hatte der damalige US-Präsident Bill Clinton Flugzeugträger in die Straße von Formosa entsandt, als die Kommunisten auf dem Festland während der ersten demokratischen Präsidentenwahl auf der Insel demonstrativ Raketen abfeuerten. Nach taiwanesischen Angaben hat die Volksrepublik etwa tausend Raketen auf Taiwan gerichtet. Zuletzt hatte Chen Shui-bian Peking einen Friedensvertrag ohne Vorbedingungen angeboten und zugleich die Eigenständigkeit der Insel betont. Eine Verständigung sei allerdings unmöglich, solange Peking am sogenannten Ein-China-Prinzip festhalte, sagte Chen in seiner Neujahrsbotschaft.

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