13 Jahre unentdeckt

Wer verriet Radovan Karadzic?

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Der wegen Völkermordes angeklagte ehemalige bosnische Serbenführer Radovan Karadzic wurde vom Geheimdienst gedeckt. Am Wochenende soll er ausgeliefert werden.

Der „Schlächter vom Balkan“ führte als Seelendoktor Dragan Dabic, getarnt mit schneeweißem Bart und langem Haar, in Belgrad ein unbehelligtes Leben. Fast 13 Jahre lang war er untergetaucht. Doch ohne Deckung des serbischen Geheimdienstes wäre Karadzic längst aufgeflogen und hätte die neue Identität wohl erst gar nicht annehmen können: „Der Geheimdienst hat ihn geschützt, der Geheimdienst hat ihn jetzt übergeben“, erklärte der neue serbische Innenminister Ivica Dacic am Mittwoch. Dacic hatte als Chef der Sozialistischen Partei, deren Gründer Slobodan Milosevic 2006 in seiner Zelle im Gefängnis des UN-Kriegsverbrechertribunals gestorben ist, eine Verhaftung von Karadzic stets abgelehnt.

Und gebetsmühlenartig beteuert er: Die Polizei hat mit der Verhaftung nichts zu tun. Änderungen gab es allerdings im Geheimdienst: Dort hat es ein Köpferollen gegeben: Geheimdienstchef Bulatovic, der jahrelang die Zusammenarbeit mit dem Haager Gericht verweigerte, wurde kürzlich durch einen Vertrauten von Präsident Tadic ersetzt. Und dieser habe sich der Verhaftung nicht mehr verweigert.

Verraten
Eine Schlüsselrolle soll auch der ebenfalls untergetauchte Militärchef Karadzics, Ratko Mladic, gespielt haben: Er hätte seinen Ex-Kampfgefährten laut Geheimdienstkreisen verraten und sich damit einen Aufschub seiner Festnahme erkauft. Mladic, dessen Festnahme von der EU als nächster Schritt eindringlich gefordert wird, soll noch über größeren Rückhalt im serbischen Militär verfügen.

Selbstverteidigung
Karadzic dürfte schon am Wochenende an das UN-Tribunal überstellt werden. Sein Anwalt will die Entscheidung am Freitag anfechten. In Den Haag will sich Karadzic, der sich seinen Bart und sein langes weißes Haar wieder abrasiert hat, selbst verteidigen.

Autorin entdeckte Tarnung
Die Autorin Mirjana Djurdjevic hat Karadzic in ihrem Thriller „Erster, zweiter, dritter Mann“ bereits 2006 „enttarnt“. Sie beschrieb ihn als Psychiater mit Praxis in Belgrad.

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