Justiz

Wird die türkische Regierungspartei verboten?

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Das Verfassungsgericht berät über ein Verbot der AKP. Eine Entscheidung wird bis Mitte der Woche erwartet.

Das türkische Verfassungsgericht hat am Montag mit den Verhandlungen über ein Verbot der Regierungspartei AKP begonnen. Beobachter rechneten mit einer Entscheidung bis Mitte der Woche. Der Partei von Regierungschef Recep Tayyip Erdogan wird von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, offen und verdeckt die Islamisierung des weltlichen (laizistischen) Staates zu betreiben. Generalstaatsanwalt Abdurrahman Yalcinkaya hatte vor dem Prozess gesagt, es gebe "eine klare und gegenwärtige Gefahr, dass die AKP das (islamische) Scharia-Recht einführen möchte".

Streit um Trennung von Staat und Religion
Seit Monaten schwelt in der Türkei eine schwere innenpolitische Krise. Die AKP auf der einen Seite sowie Opposition und Armee auf der anderen streiten um die von Republikgründer Mustafa Kemal Atatürk verfügte Trennung von Staat und Religion. Die Staatsanwaltschaft will neben einem Parteienverbot erreichen, dass Erdogan, Präsident Abdullah Gül sowie 69 weitere AKP-Führungskräfte sich nicht mehr politisch betätigen dürfen. Die elf Richter werden bis zu einer Entscheidung täglich verhandeln. Sie haben drei Möglichkeiten: den Fall abzulehnen, dem Antrag stattzugeben oder die staatliche Finanzierungshilfe für die Partei zu streichen.

Erdogan forderte Aufhebung des Kopftuchverbotes
Der Berichterstatter des Gerichts hatte vor zwei Wochen seinen Kollegen empfohlen, die Partei nicht zu verbieten. Sie nutze lediglich die Meinungsfreiheit. Die Staatsanwaltschaft stützt sich in ihrer Anklage in erster Linie auf Äußerungen Erdogans. So hatte der Regierungschef gefordert, das Kopftuch sowohl als religiöses als auch als politisches Symbol in den Hochschulen zuzulassen. Im Februar 2008 fiel auf Initiative der AKP das Kopftuchverbot, bis es vier Monate später vom Verfassungsgericht wieder eingeführt wurde. Damit dürfen Frauen, die Kopftücher tragen, vorerst weiter nicht Universitäten betreten.

Der Staatsanwalt wirft Erdogan außerdem vor, die türkischen Frauen am Weltfrauentag aufgefordert zu haben, mindestens drei Kinder zu bekommen. Zudem habe er angedeutet, im Zweifel auch eine Abspaltung des Kurdengebiets im Nordosten des Landes billigen zu wollen. AKP-Versuche, Alkoholkonsum nach islamischen Vorbild in der Öffentlichkeit zu verbieten, werden von der Staatsanwaltschaft ebenfalls genannt. Die AKP hatte in den Wahlen im vergangenen Jahr 47 Prozent der Stimmen geholt.

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