Handy-Video

Zwei Verdächtige verhaftet

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Ein Wächter soll unerlaubter Weise mit einem Handy die inoffiziellen Aufnahmen gefilmt haben, die im Irak und im Ausland für Empörung sorgen.

Die irakische Justiz hat im Zusammenhang mit dem heimlich gedrehten Handy-Video von der Hinrichtung des ehemaligen Präsidenten Saddam Hussein zwei Verdächtige festgenommen. Zwei Mitarbeiter des Justizministeriums, die bei der Hinrichtung anwesend gewesen seien, seien festgenommen worden und würden derzeit verhört, sagte ein Vertrauter von Ministerpräsident Nuri al-Maliki am Donnerstag.

Am Mittwoch hatte ein Sprecher Malikis gesagt, es habe eine erste Festnahme gegeben. Demnach wurde ein "Wächter" festgenommen. Die Bilder vom vollständigen Ablauf der Hinrichtung vom vergangenen Samstag tauchten einen Tag später im Internet auf. Unter anderem sind Hochrufe auf den radikalen Schiiten-Prediger Muktada al-Sadr zu hören, dessen Miliz "Mahdi-Armee" für zahlreiche Verbrechen und Racheakte verantwortlich gemacht wird. Als der Ex-Staatschef bereits am Galgen hängt, bricht Jubel unter den Anwesenden aus. Das Video hatte große Empörung unter den irakischen Sunniten ausgelöst.

Ein Regierungsberater hat inzwischen Vorwürfe gegen die Sicherheitskräfte erhoben. Die Wachmannschaft sei von einem arabischen Fernsehsender oder einem anderen Außenstehenden "infiltriert" gewesen, sagte Sicherheitsberater Mowaffak al-Rubaie. Die Aufnahmen von der Hinrichtung hatten international Empörung ausgelöst. Saddam Hussein sei den Irakern unmittelbar vor der Hinrichtungskammer übergeben worden, berichtete US-Generalmajor William Caldwell. Bis zum Schluss habe sich der Ex-Diktator den US-Truppen gegenüber höflich und würdig verhalten.

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USA wollten Verschiebung
Die US-Regierung wollte nach einem Bericht der "New York Times" die Hinrichtung des irakischen Ex-Machthabers verschieben. US-Regierungsbeamte hätten zuletzt sieben Stunden vor der Exekution vergeblich versucht, Iraks Premier Nuri al-Maliki wegen des bevorstehenden Opferfestes und verfassungsrechtlicher Fragen von einer Aufschiebung der Exekution bis nach den Feiertagen zu überzeugen. Al-Maliki sei darauf hingewiesen worden, dass die Vollstreckung des Todesurteiles vor dem islamischen Opferfest negative Reaktionen in der islamischen Welt und im Irak hervorrufen könnte. Die US-Regierung hat sich bisher nicht offiziell zu den Aufnahmen geäußert.

Die Hinrichtung der beiden Mitangeklagten Saddams - seines Halbbruders Barzan al-Tikriti und des ehemaligen Präsidenten des Revolutionstribunals, Awad al-Bandar - ist verschoben worden. Ein Mitarbeiter von Premier Maliki führte die Verschiebung auf "internationalen Druck" zurück. Er wollte sich nicht festlegen, an welchem Tag die Hinrichtungen nun stattfinden könnten. Ursprünglich waren sie für Donnerstag angekündigt worden.

Saddam Hussein, Barzan al-Tikriti und Bandar waren am 5. November wegen ihrer Verantwortung für das Massaker an 148 schiitischen Dorfbewohnern aus Dujail in den 80er Jahren zum Tode verurteilt worden. Ein Berufungsgericht hatte die Urteile am 26. Dezember bestätigt. Die Hinrichtung der beiden Mitangeklagten war ursprünglich für den gleichen Tag wie die Hinrichtung des Ex-Präsidenten geplant gewesen, dann jedoch kurzfristig verschoben worden.

Regierung Malikis unter Druck
Die Hinrichtung des irakischen Ex-Diktators Saddam Hussein ist für die Regierung von Ministerpräsident Nuri al-Maliki gründlich schief gelaufen. Statt der Beendigung eines "dunklen Kapitel" und eines Neuanfangs hat die Exekution Saddams die Gräben zwischen Schiiten und Sunniten nochmals vertieft. Der Streit um ein Hinrichtungs-Video, auf dem Saddam kurz vor seinem Tod am Galgen beschimpft wird, und um den Termin der Exekution am den Muslimen heiligen Opferfest droht zum endgültigen Aus für den erfolglosen Regierungschef Al-Maliki zu werden.

Die Regierung in Bagdad hat jetzt alle Hände voll damit zu tun, die Wogen der Empörung über das Todesvideo zu glätten. Die Untersuchungen laufen zwar noch. Aber weitgehend klar ist, dass die darauf zu hörenden Schmährufe gegen Saddam von dessen Bewachern kamen - Anhängern des radikalen Schiiten-Predigers Moktada Al-Sadr. Über die grausamen Bilder vom Tod ihres einstigen Peinigers jubeln die Schiiten. Dagegen bestätigen sie für viele Sunniten: Der Prozess und das Todesurteil gegen Saddam war "Siegerjustiz". Sie geißeln die Hinrichtung als "Lynchmord".

Al-Malikis Mentor George W. Bush hat sich in den vergangenen Wochen mehrfach demonstrativ hinter den irakischen Regierungschef gestellt. Aber politische Beobachter fragen sich: Wie lange noch? Der schiitische Politiker selbst hat bereits vor einigen Wochen erklärt, es sei an der Zeit für eine Regierungsumbildung. Und in einem Interview mit dem amerikanischen "Wall Street Journal" zeigte sich der 56-Jährige zum neuen Jahr - nach nur gut acht Monaten an der Regierungsspitze - amtsmüde: "Ich wünschte, ich könnte vorzeitig aufhören."

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