US-Wahlkampf

Hochspannung vor TV-Debatte der Vize-Kandidaten

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Im TV-Duell muss Vize Palin beweisen, das Zeug für das Amt zu haben. Kontrahent Biden darf nicht als Besserwisser Wähler verärgern.

Die Debatte zwischen den US-Vizepräsidentschaftskandidaten in der Nacht zum Freitag kommt ungewöhnliche Bedeutung zu: Sie könnte ausnahmsweise Auswirkungen auf den Ausgang der Wahl haben. Entsprechend dürfte das Rededuell zwischen der Republikanerin Sarah Palin und dem Demokraten Joe Biden mehr Fernsehzuschauer anlocken als das erste Aufeinandertreffen ihrer Chefs John McCain und Barack Obama in der vergangenen Woche.

"Eishockey-Mutti" gegen Außenpolitik-Experten
Alle Augen werden dabei auf die 44-jährige Palin gerichtet sein, die vergleichsweise unbekannte Gouverneurin von Alaska. Kritiker zweifeln, dass die selbst ernannte "Eishockey-Mutti" genug Erfahrung hat, um die von der Verfassung vorgeschriebene Hauptaufgabe des Vizepräsidenten zu erfüllen - bei dem Tod des Präsidenten dessen Amt zu übernehmen. Da McCain mit 72 Jahren bei Antritt so alt wäre wie noch nie ein Präsident zu seiner ersten Amtszeit, bekommt die Frage eine besondere Bedeutung. Der 65-jährige Senator Biden ist dagegen unbestritten ein Experte für Außenpolitik. Auf dem Papier sieht der Ausgang der Debatte daher eigentlich klar aus.

Allerdings hat die Strategie der Republikaner die Spannung steigen lassen. Palin ist seit ihrer Ernennung von der Presse ferngehalten worden: Sie gab nur drei Interviews und keine einzige Pressekonferenz. "Es wird sehr einfach für sie sein, die Erwartungen zu übertreffen", sagt David Steinberg von der University of Miami: "Sie könnten gar nicht niedriger sein." Seine Analyse von Palins Debatten während des Wahlkampfs um das Gouverneursamt in Alaska 2006 fällt dabei positiv aus: "Sie hat sich sehr gut ausgedrückt, war auf jeden Fall kompetent und hat sich behauptet", sagt er. "Sie war ziemlich gut."

Sprachgewandter Biden
Der für seine Gesprächigkeit bekannte Biden hat seinerseits den Ruf, zu Versprechern zu neigen. Vor einigen Tagen erzählte er von einer Fernsehansprache von Präsident Franklin Roosevelt zum Börsen-Crash 1929 - vier Jahre, bevor Roosevelt überhaupt das Amt antrat und als TV-Geräte noch selten waren. Zudem darf er nicht zu aggressiv oder gar herablassend wirken.

"Ich würde nicht in Joe Bidens Haut stecken wollen", sagt der Meinungsforscher John Zogby. "Er darf keine Bulldogge sein und er darf kein Mauerblümchen sein. Er darf nicht allwissend wirken und er darf nicht zu passiv sein", sagte er über die Debatte. "Er wird wie ein Vater mit seiner Tochter da oben sein - und die Väter gewinnen nie."

Obama liegt derzeit vorne
Barack Obama liegt einer neuen Umfrage zufolge sieben Prozentpunkte vor dem Republikaner John McCain. Noch vor drei Wochen hatte McCain in der AP-GfK-Erhebung einen knappen Vorsprung. In der am Mittwoch (Ortszeit) veröffentlichten Umfrage sprachen sich dagegen 48 Prozent der 1.160 Teilnehmer für Obama und nur 41 Prozent für McCain aus.

Auch in den wichtigen Staaten Ohio, Florida und Pennsylvania liegt Obama vorn. Wie aus einer Erhebung der Quinnipiac-Universität hervorgeht, stieg die Zustimmung zu dem demokratischen Kandidaten nach dem ersten Fernsehduell in den drei Staaten auf 50 Prozent oder mehr. Ohio, Florida und Pennsylvania gelten als "Swing-Staaten" mit wechselnder Parteipräferenz. Seit 1960 ist kein Kandidat Präsident geworden, die nicht in mindestens zwei dieser Staaten die Mehrheit geholt hat.

Wahlkampfstrategen führen die schwindende Popularität McCains auf mehrere Faktoren zurück, unter anderem auf die Finanzkrise. Aus Kreisen seiner Partei hieß es, McCain tue sich mit Antworten auf die Krise schwer. Außerdem stehe die Öffentlichkeit seiner potenziellen Stellvertreterin Sarah Palin zunehmend skeptisch gegenüber. Das Duell könnte also die Entscheidung bedeuten.

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