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Brutaler Kampf um den ORF

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Wer den ORF privatisieren will, wer den Kopf des Chefs fordert und wie der sich retten will.

Am Mittwochnachmittag feilte SP-Medienstaatssekretär Josef Ostermayer noch an seiner Rede. Heute legt er im Parlament eine Grundsatzerklärung vor. Im Hohen Haus beraten die fünf Parlamentsparteien und Medienexperten schließlich über die Zukunft des ORF.

Nachdem Ostermayer sich vergangene Woche mit EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes über die Richtlinien für ein neues ORF-Gesetz ab 1. Jänner 2010 geeinigt hat, muss sich die Regierung nun in Wien über Details einigen:

  • Die EU erlaubt dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen weiterhin sowohl Gebührenfinanzierung als auch Werbeeinnahmen. Das ist auch in Ostermayers Sinn. Die ÖVP und Konkurrenz des ORF wollen allerdings im neuen ORF-Gesetz massive Werbeeinschränkungen durchsetzen.
  • Zudem streiten sich die Parteien über die „Rolle“ des ORF. ÖVP und andere Medien wollen, dass der ORF künftig zum „Nischenfernsehen“ wird. ORF-Chef Alexander Wrabetz warnt allerdings davor, dem ORF die Unterhaltung zu nehmen.
  • Konkurrenz und Teile der VP würden zudem gerne Teile des ORF privatisieren – etwa Ö3 oder ORF 1. Das lehnt die SP strikt ab.
  • Im Parlament wird heute auch die Forderung nach der Ablöse von Wrabetz wieder laut werden. Der anwesende Verein „Rettet den ORF“ hält den Abgang von Wrabetz ebenso für nötig wie Ex-ORF-Chef Gerd Bacher.
  • SPÖ und ÖVP sind davon abgekommen. VP-Chef Josef Pröll erklärt im ÖSTERREICH-Gespräch: „Ich halte nichts vom Köpferollen. Das ist der falsche Weg.“
  • Zudem geht es auch um die desolate finanzielle Situation des ORF. Die Parteien fordern rigorose Sparmaßnahmen. Der Betriebsrat befürchtet, dass „die Qualität und das Programm damit zusammenbrechen“.

Parteien-Poker
Der ORF-General wird seine Sparpläne präsentieren und eine Gebührenrefundierung fordern. SP-Bundeskanzler Werner Faymann unterstützt dieses Begehren zwar grundsätzlich, meint aber im ÖSTERREICH-Gespräch: „Dafür ist es noch zu früh.“

Refundierung
Hinter den Kulissen haben sich Ostermayer und Wrabetz aber bereits auf die Grundlinien der Refundierung geeinigt. Diese muss künftig an spezielle Projekte – etwa die österreichische Filmförderung – gekoppelt sein. Nicht offiziell im Parlament, dafür aber hinter gut verschlossenen Türen geht es in diesem Kampf um den Küniglberg freilich auch um Parteieneinfluss und damit um Posten.

Franz Prassl interviewte Ex-ORF-General Gerd Bacher für atmedia.at.

Frage: Was kommt bei der ORF-Enquête heraus?
Gerd Bacher: Ich betrachte das nicht als wirkliche Enquête, das ist eine Alibi-Veranstaltung, die so angelegt ist, dass dabei nichts herauskommt. Nach dem Motto: Wir reden über alles, aber es passiert nichts.

Frage: Wrabetz scheint also zu überleben?
Bacher: Man hat ihn ja zur elektronischen Flunder flach gedroschen, sodass er der Regierung wieder angenehm erscheint. Er ist ein netter und intelligenter Mann. Aber das alleine muss jemanden nicht zur Führung einer Rundfunkanstalt befähigen.

Frage: ORF gegen Privat-TV. Neue Erkenntnisse?
Bacher: Keinen Kanal verkaufen, sondern darauf setzen, das Österreich zwei Kanäle mit umfassender Ausstattung hat, die nationenweit ausstrahlen. Das ist einzigartig im deutschsprachigen Raum.

Frage: Eine Rangliste der ORF-Führung nach Bacher, wie schaut die aus?
Bacher: So was mach’ ich nicht. Der beste Mann für die Zukunft wäre Gerhard Zeiler, der vom Programm und von Finanzen etwas versteht. Er ist einer der besten Rundfunkmanager Europas, ihm ist Erfolg 100 Prozent zuzutrauen.

Zwar beteuern Rot und Schwarz, dass sie darüber natürlich gar nicht reden würden, aber bis spätestens Dezember sollen neue Direktoren fixiert sein.

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