09. Oktober 2007 13:36
Der frühere Leiter der Bilanzabteilung der BAWAG, Robert Schatzer, ist am
Dienstag im BAWAG-Prozess stundenlang im Zeugenstand befragt worden.
Schatzer war in der so genannten "Bilanzrunde" in der Bank eingebunden, wo
die verlustreichen Sondergeschäfte mit Wolfgang Flöttl unter höchster
Geheimhaltung behandelt wurden. Im Fokus sei das Abarbeiten der Verluste aus
den Flöttl-Geschäften gestanden, "nicht das Verschleiern", betonte Schatzer:
"Wir wollten diese Bank retten, wir haben alle das Menschenmögliche
beigetragen". Während der Befragung von Schatzer mussten fünf der neun
Angeklagten, nämlich Wolfgang Flöttl, Helmut Elsner, Johann Zwettler, Peter
Nakowitz und der Wirtschaftsprüfer Robert Reiter, den Saal verlassen. Sie
sollen anschließend zu den Aussagen des Zeugen Schatzer befragt werden.
Decknamen
Bei Telefonaten mit dem früheren Leiter des
BAWAG-Treasury, Thomas Hackl, habe man Decknamen verwenden sollen, hielt
Richterin Claudia Bandion-Ortner dem Zeugen aus einem Protokoll vor. So
sollte die BAWAG-Tochter BAWAG International Finance (BIF) in Dublin, über
die BAWAG-Gelder in die Karibik zu Flöttl flossen, als "Filiale Klagenfurt"
bezeichnet werden, der Wirtschaftsprüfer als "Mitarbeiter Meier" und der
Liquid Opportunity Plus Fonds (LOP), wo die wertlosen Uni-Bonds aus den
Flöttl-Geschäften geparkt waren, nur als "Fonds".
Angst vor Mithörer
In der Bank habe man damals befürchtet,
dass der vierte Stock in der Zentrale, wo der Aufsichtsrat und die
Bilanzrunde tagten, abgehört werde. Lange wurden diese Direktive zur
Verwendung der Decknamen allerdings laut Schatzer aber nicht
aufrechterhalten. "Es ist mir nicht in Erinnerung, dass dies das nächste
Protokoll überdauert hat", sagte der Zeuge.
Sicherheiten für Verluste
Er selber habe von den Problemen
bei den Flöttl-Geschäften erstmals gegen Jahresende 1998 erfahren. Damals
sei er vom für Bilanzen zuständigen Vorstandsmitglied Johann Zwettler
informiert worden, dass ein Kreditengagement "dubios" geworden sei, also
notleidend. Zwettler habe ihm aber auch gesagt, dass dafür Sicherheiten
vorlägen, die weit über das Kreditengagement hinausgingen. Der Name "Dr.
Flöttl" sei damals schon gefallen.
Wegen der hohen Sicherheiten wurde der Kredit nicht in der Bilanz
wertberichtigt, sagte Schatzer. Dies habe ihm Zwettler so erklärt. Die
Sicherheiten hätten aus Immobilien, Bildern und Wertpapieren bestanden, eine
detaillierte Aufstellung darüber habe er aber nicht gesehen. "Hätte Sie das
interessiert?", fragte die Richterin nach. "Manchmal ist es besser, etwas
nicht zu wissen", meinte Schatzer.
Schatzer war von 1995 bis 2001 Leiter der Bilanzabteilung in der BAWAG. Die
Bilanzrunde sei erst im Jahr 2001 entstanden. Bis Jahresende 2000 hatte die
BAWAG durch die Flöttl-Geschäfte laut Anklageschrift 1,44 Mrd. Euro Verluste.