Geld

Enorme Erwartungen an Weltfinanzgipfel

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Die Teilnehmerstaaten wollen der Finanzkrise etwas entgegensetzen. Allerdings sind die Interessen sehr unterschiedlich.

Mit enormen Hoffnungen auf einen Ausweg aus einer der größten Wirtschaftskrisen aller Zeiten blickt die Welt an diesem Wochenende zum historischen Finanzgipfel nach Washington. Dort wollen die Staats- und Regierungschefs der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G-20) den Grundstein legen für eine umfassende Reform des schwer erschütterten globalen Finanzsystems.

Das Treffen der Staats- und Regierungschefs beginnt am Freitagabend. Bei der zweitägigen Konferenz sollen die Ursachen der Finanzkrise analysiert und Prinzipien für eine Reform aufgestellt werden. Die Finanzminister sollen damit beauftragt werden, bis Ende März nächsten Jahres konkrete Vorschläge zu erarbeiten, über die dann auf einem zweiten Gipfeltreffen beraten wird.

Die Reformen sollen verhindern, dass sich eine Krise vom aktuellen Ausmaß wiederholen kann. Als Vorreiter sehen sich dabei die Europäer. Sie dringen auf eine umfassende und lückenlose Überwachung aller Bereiche der weltweiten Finanzindustrie. Als Hemmschuh gelten vor allem die Amerikaner. Dabei spielt auch eine Rolle, dass der künftige US-Präsident Barack Obama, der sein Amt erst im Jänner antritt, an dem Gipfel in Washington nicht selbst teilnimmt.

170 Länder fehlen
US-Präsident George W. Bush hat nach einem Besuch des französischen EU-Ratspräsidenten Nicolas Sarkozy zu dem Gipfel geladen. Allerdings sind über 170 Länder dort nicht vertreten. Ban will ihnen jetzt eine Stimme verleihen. Es sei dringlicher, die Auswirkungen der Krise für die Ärmsten der Welt zu lindern, als internationale Institutionen wie die Weltbank oder den Internationalen Währungsfonds zu reformieren, findet er.

Lauter Einzel-Interessen
Die Teilnehmer des Finanzgipfels bezogen indes ihre Positionen.

  • Sarkozy will die Vorherrschaft des Dollar im Weltwährungssystem infrage stellen. Der Dollar dürfe nicht länger "als die einzige globale Währung" betrachtet werden, so Sarkozy.
  • Der britische Premier Gordon Brown plädiert für eine weltweite Abstimmung von Konjunkturprogrammen aus Steuersenkungen und mehr öffentlichen Ausgaben. International abgestimmte Finanzimpulse hätten die größte Wirkung, so Brown.
  • Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel fordert ein dichtes Überwachungsnetz für das Finanzsystem. "Es darf keine blinden Flecken mehr geben, in deren Schutz sich Risiken unbeobachtet aufbauen", verlangt sie.
  • Ganz ihrer Meinung ist der russische Präsident Dmitri Medwedew, der beim Gipfel einen Acht-Punkte-Plan zu einer neuen Weltfinanzordnung vorlegen will.
  • Bush dagegen dämpft die Erwartungen an den Gipfel: "Staatliche Eingriffe sind kein Allheilmittel", glaubt er.
  • Japan hat schon angekündigt, dem IWF Darlehen bis 100 Milliarden Dollar (80 Milliarden Euro) bereitzustellen. Mit dem Geld sollten Rettungspläne für Staaten finanziert werden, die in der Finanzmarktkrise in Schwierigkeiten gekommen sind. Der Währungsfonds hat unter anderem Mittel für Island, Ungarn und die Ukraine gebraucht.
  • Argentinien, Brasilien und Mexiko wollen sich in Washington dafür einsetzen, dass die Entwicklungsländer ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt bekommen.

Die "Gruppe der 20" repräsentiert zwei Drittel der Weltbevölkerung und fast 90 Prozent der Weltwirtschaftskraft. An dem Treffen nehmen auch die Spitzen von Weltbank, Internationalem Währungsfonds und Forum für Finanzstabilität sowie UNO-Generalsekretär Ban teil. Bushs Nachfolger Barack Obama wird nicht mit am Verhandlungstisch sitzen. Er schickt seine Beraterin, die frühere US-Außenministerin Madeleine Albright.

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