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Felderer verlangt Sparplan - jetzt

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Staatsschulden erreichen heuer 200 Mrd. Euro - Abbau braucht 10 Jahre.

Der Staatsschuldenausschuss warnt vor der ausufernden öffentlichen Verschuldung und fordert die Regierung auf, in den nächsten Monaten ein Sanierungskonzept zu erstellen. Die Staatsschulden dürften schon heuer fast 200 Mrd. Euro erreichen und bis 2011 weiter auf 80 Prozent der Wirtschaftsleistung ansteigen.

Sonst wird es nur schlimmer
Ausschuss-Vorsitzender Bernhard Felderer sieht die Politik daher gefordert, schon jetzt festzulegen, wie man den Schuldenberg nach Ende der Wirtschaftskrise abbauen wird. Andernfalls würden steigende Zinsen und damit eine weitere Belastung für Budgets und Wirtschaft drohen, so Felderer bei der Präsentation des Berichts über die öffentlichen Finanzen 2008.

Schuldenabbau dauert über 10 Jahre
"Es kommt der Tag, an dem die Konsolidierung beginnt. Dann müssen wir einen fertigen Plan haben", erklärte der Wirtschaftsexperte. Um den Schuldenstand von 80 Prozent des BIP wieder auf die im Euro-Raum vorgegebenen 60 Prozent zu reduzieren, wird es laut Felderer starke Budgetdisziplin brauchen: Berechnungen des Staatsschuldenausschusses zufolge würde die Budgetkonsolidierung selbst dann mehr als zehn Jahre dauern, wenn die Wirtschaft künftig stark wächst und der Staat ab 2012 "nur" noch ein jährliches Defizit von einem Prozent des BIP schreibt.

Defizitbremse per Gesetz nötig
Beginnen sollte die Budgetkonsolidierung laut Felderer mit dem Wirtschaftsaufschwung, also 2011 oder 2012. Dann bräuchte es aus seiner Sicht sowohl starkes Wachstum (angenommen wird ein nominelles Wachstum von vier Prozent jährlich, was dem Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre entspricht) als auch strikte Budgetdisziplin: Bei einem laufenden Defizit von einem Prozent würden die 60 Prozent Staatsverschuldung 2023 erreicht, bei einem laufenden Defizit von zwei Prozent erst 2044. Felderer plädiert daher für eine gesetzliche "Schuldenbremse".

Zahlen werden nicht halten
Zum Vergleich: Heuer erwartet die EU-Kommission ein Defizit von 4,2 Prozent, 2010 dürfte das laufende Minus auf über fünf Prozent der Wirtschaftsleistung ansteigen. Felderer geht daher davon aus, dass ÖVP-Finanzminister Josef Pröll seinen nach Brüssel gemeldeten Defizitplan im Herbst wird revidieren müssen: Bei der Budgeterstellung ist die Regierung nämlich noch davon ausgegangen, dass die Neuverschuldung heuer nur 3,2 Prozent und 2010 4,1 Prozent des BIP betragen wird. Auch mit den neuen Zahlen liegt Österreich aber unter dem EU-Schnitt (sechs Prozent).

Gefahr für Standort droht
Sollte der Schuldenabbau nicht gelingen, drohen laut Felderer höhere Zinsen - und zwar sowohl für den Staat als auch für Unternehmensanleihen. Schon jetzt bezahle Österreich wegen des Ost-Risikos der heimischen Banken um 0,8 Prozentpunkte höhere Zinsen als Deutschland. Künftig werde der Zinsaufschlag auch von glaubwürdigen Plänen zum Schuldenabbau abhängen. "Wenn wir zu denen gehören, die es nicht schaffen, das zu reduzieren, dann wird uns der Finanzmarkt bestrafen", so Felderer: Das würde auch den Wirtschaftsstandort gefährden.

"Offensichtlichen Verschwendungen"
Der Staatsschuldenausschuss drängt zur Budgetkonsolidierung auf Einsparungen bei der Schulverwaltung, im Gesundheitssystem (etwa bei kleinen Spitälern), beim Förderwesen und bei den unterschiedlichen Dienst- und Pensionsrechtssystemen für Beamte in den Bundesländern. "Es gibt eine Fülle von offensichtlichen Mittelverschwendungen", sagte Ausschuss-Vorsitzender Bernhard Felderer, selbst Mitglieder der Verwaltungsreform-Arbeitsgruppe der Regierung.

Spitäler am Land
Als Beispiel nannte Felderer kleine Krankenhäuser am Land, wo Abteilungen oft trotz mangelnder Auslastung erhalten werden. Eine Chirurgie-Abteilung ist aus Felderers Sicht nicht zu rechtfertigen, wenn Operationen nur einige wenige Male pro Jahr durchgeführt werden. Wie derartige Strukturreformen in der Praxis scheitern können, hat zuletzt aber der steirische Landtag vorgeführt: Dort lehnte eine bunte Allianz aus ÖVP, KPÖ und einem grünen Abweichler am Dienstagabend die Schließung der Chirurgie-Abteilungen in den LKH Bad Aussee und Mürzzuschlag ab.

Weniger ausgeben statt mehr Steuern
"Wir müssen Budgetdisziplin in hohem Ausmaß halten", plädierte Felderer an Bund, Länder und Gemeinden. Seinen jüngsten Vorschlag, zur Budgetkonsolidierung die Mehrwertsteuer vorübergehend anzuheben, wollte er Wirtschaftsforscher nicht wiederholen, weil er von der Politik klar zurückgewiesen wurde. Allerdings machte er klar, dass vorübergehende Steuererhöhungen aus seiner Sicht immer noch besser wären als dauerhaft auf einem Schuldenberg von 80 Prozent der Wirtschaftsleistung zu sitzen.

Außerdem verwies Felderer darauf, dass die Alterung der Bevölkerung derzeit noch gar keine wachsenden Kosten verursache. Dieser Effekt werde aber im nächsten Jahrzehnt schlagend werden und höhere Staatsausgaben für Pensionen, Gesundheit und Pflege erzwingen. "Wir haben da noch Ausgaben vor uns. Das geht aber nicht, wenn wir bei der Staatsverschuldung schon am Gipfel sind", betonte Felderer.

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