Geld

Finanzkrise trifft Spanien am härtesten

Teilen

Spanien entwickelt sich zum Sorgenkind in der EU. Die Arbeitslosenquote steigt auf 19 Prozent, der Immobilienmarkt crasht, der Schuldenberg wächst.

Spanien hat einen rapiden Absturz vom wirtschaftlichen Musterknaben in Europa zum Sorgenkind getan. Vor wenigen Monaten noch hatte das Land mit seinem anhaltenden Wirtschaftswachstum und den tadellosen Staatsfinanzen als ein Vorbild gegolten. Auf den rasanten Aufstieg folgt nun ein tiefer Fall. Kaum ein anderes EU-Land ist so stark von der Krise betroffen wie Spanien.

Immer neue Schreckensmeldungen
Fast täglich werden die Spanier mit neuen Schreckensmeldungen konfrontiert. Die Zahl der Arbeitslosen stieg in einem Jahr um eine Million, die Quote ist schon jetzt die höchste in der Europäischen Union, und wird weiter steigen. Nach einer Prognose der EU-Kommission wird Spanien länger als fast alle anderen EU-Staaten brauchen, bis es nach der Krise Licht am Ende des Tunnels sehen wird.

Einst aufstrebende Wirtschaftsmacht
Dabei hatte das Land sich vor kurzem noch als aufstrebende Wirtschaftsmacht gefühlt. Die Regierung verkündete voller Stolz, dass Spanien die Italiener beim Pro-Kopf-Einkommen überholt habe. Um ihren Wirtschaftsboom wurden die Spanier von anderen Europäern beneidet: Über mehr als ein Jahrzehnt erzielten sie Wachstumsraten von fast ständig über drei Prozent im Jahr. Der Staat machte keine Schulden, sondern Überschüsse.

Immobilien-Rausch
Dass die Fiesta nicht endlos weitergehen würde, war absehbar gewesen. Der Boom beruhte größtenteils auf einem beispiellosen "Immobilien-Rausch". In Spanien wurden mehr Wohnungen gebaut als in Deutschland, Frankreich und Italien zusammen, bis zu 800.000 im Jahr. Finanziert wurde der Bauboom mit Darlehen. Warnungen vor einem Platzen der Immobilien-Blase wurden überhört. Die Spanier wollten sich die Party-Laune nicht verderben lassen.

Als vor gut einem Jahr die ersten Bau- und Immobilienfirmen bankrottgingen und sich ein Ende des Booms abzeichnete, wollte die Regierung von einer "Krise" nichts wissen. Spaniens Wirtschaft werde eine "weiche Landung" erleben, prophezeite Ministerpräsident Jose Luis Rodríguez Zapatero. Er wurde jedoch eines Besseren belehrt. Ende voriger Woche eröffnete die Regierung den Spaniern, dass ihr Land vor der schlimmsten Rezession seit einem halben Jahrhundert stehe. 2009 werde die Wirtschaftsleistung um 1,6 Prozent zurückgehen, die Arbeitslosenquote auf 15,9 Prozent und das Budgetdefizit auf 5,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen.

Arbeitslosenquote bei 19 Prozent
Die Spanier hatten den Schrecken über die düsteren Aussichten noch nicht überwunden, da erfuhren sie von der EU-Kommission, dass alles noch viel schlimmer kommen werde. Nach der Brüsseler Prognose droht Spanien eine Arbeitslosenquote von fast 19 Prozent und ein Anhalten der Rezession auch im Jahr 2010. Die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) stufte Spaniens langfristige Bonität von der besten Stufe "AAA" auf die zweitbeste "AA+" zurück.

Madrid schnürt Rettungspakete
Die Regierung versucht mit Konjunkturprogrammen gegenzusteuern. Sie stellt unter anderem den Gemeinden 8 MRd. Euro für Beschäftigungsvorhaben zur Verfügung. Mit dem Geld werden nun Sportplätze gebaut, Parkanlagen verschönert oder Friedhöfe hergerichtet. Die Zeitung "El Mundo" errechnete, dass jeder geschaffene Arbeitsplatz den Steuerzahler 37.000 Euro koste. Der Ökonom Juan Iranzo meinte: "Das Programm ist reine Geldverschwendung. Damit steigt die Schuldenlast, aber die spanische Wirtschaft wird damit nicht einen Deut konkurrenzfähiger." Wirtschafts- und Finanzminister Pedro Solbes räumte ein, dass Madrid bei der Neuverschuldung die Grenzen erreicht und kaum noch Spielraum habe. Die Opposition forderte seinen Rücktritt.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.