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Kein Ende des Öl-Pokers

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Minsk verhandelt im Energiestreit mit Moskau. Die Lieferkrise untermauert die EU-Bestrebungen zu mehr Energieunabhängigkeit.

Die Regierungen Russlands und Weißrusslands haben bei einem Gespräch über den blockierten Öltransit am Dienstag in Moskau keine Annäherung erzielt. Zunächst müsse Weißrussland die Blockade der "Freundschafts"-Ölpipeline aufheben und den Zoll auf die Durchleitung von russischem Öl nach Westen abschaffen, verlangte der russische Wirtschaftsminister German Gref.

Erst dann sei Russland zu Verhandlungen über eine Aufhebung seines eigenen Exportzolls auf Öllieferungen an Weißrussland bereit, sagte Gref dem weißrussischen Vizeregierungschef Andrej Kobjakow. Zur Versorgung europäischer Ölkunden prüfe die russische Regierung einen Transport mit der Eisenbahn.

Die "Druschba"-Pipeline ist somit nach wie vor blockiert. Der russische Präsident Wladimir Putin hat sein Kabinett aufgefordert, eine Reduzierung der Ölförderung zu überlegen. Unterdessen haben in Berlin EU-Kommissionspräsident Manuel Barroso und die deutsche Bundeskanzlerin und amtierende EU-Ratsvorsitzende Angela Merkel den unerwarteten Lieferstopp russischen Erdöls nach Westeuropa scharf kritisiert und ein Krisentreffen von Energieexperten einberufen.

Sondertreffen in Brüssel
Merkel und Barroso bekräftigten am Dienstag ihre Forderung, beide Seiten sollten ihren Streit rasch beilegen und die Lieferung russischen Erdöls nach Westeuropa unverzüglich wieder aufnehmen. Die EU bezieht etwa 12,5 Prozent ihres Erdölverbrauchs durch die unterbrochene "Druschba"-Fernleitung. Für Donnerstag wurde in Brüssel ein Sondertreffen anberaumt, bei dem hohe Beamte aller EU-Staaten und Industrievertreter über die Lage beraten werden. Möglicherweise stoßen auch Vertreter Russlands und Weißrusslands dazu.

Die gemeinsame Erklärung von Merkel und Barroso kam einen Tag bevor Brüssel einen Strategieplan zur Reduzierung der Energieabhängigkeit vorlegen wird. Einzelheiten zum Aktionsplan zu Energie und Klimaschutz sind noch nicht bekannt. Die gemeinsame Erklärung wird von Beobachtern als Stärkung der EU-Kommission in den Diskussionen um die künftige Energiepolitik der EU gesehen. Die russisch-weißrussische Energiekrise diene darüber hinaus als Beweis dafür, wie wichtig ein Vorantreiben der Energieunabhängigkeit Europas ist, meinen Experten. Für das Strategiepapier wird erwartet, dass Brüssel drastische Vorschläge bis hin zu einer rechtlichen Zerschlagung der Energiekonzerne vorlegen wird, um für mehr Wettbewerb bei Strom und Gas zu sorgen.

Zoll- und Subventionsstreit
Seit vergangenem Wochenende ist die Durchleitung von Öl durch die so genannte "Freundschafts"-Pipeline blockiert. Hintergrund ist ein Zoll- und Subventionsstreit zwischen Moskau und Minsk. Auslöser für den Streit zwischen den Ex-Sowjetrepubliken ist die Entscheidung Moskaus, die Subventionierung des bisherigen Verbündeten Weißrussland durch billige Gas- und Ölexporte zu beenden. Der vom Kreml kontrollierte Pipelinemonopolist Transneft stoppte nach eigenen Angaben am Wochenende die für den Westen bestimmten Rohölexporte.

Sowohl Weißrussland als auch Russland haben die Vorwürfe zurückgewiesen, für die Blockade der wichtigsten Öl-Pipeline nach Westeuropa verantwortlich zu sein. Der Lieferstopp betrifft vor allem die Ukraine, Polen und Deutschland. Allein Deutschland bezieht ein Fünftel seiner jährlichen Ölimporte aus der 3.000 Kilometer langen Leitung. Österreich ist von dem Lieferstopp nicht betroffen.

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