Verwahrlosung in OÖ

Zeuge sagt aus: Haushalt war ein "Saustall"

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Im Prozess gegen jene 53 Jahre alte Oberösterreicherin, die ihre drei Töchter jahrelang von der Außenwelt abgeschottet haben soll, hat am Dienstag der Vater der Kinder am Landesgericht Klagenfurt ausgesagt. Auch weitere Zeugen waren geladen. Der Prozess wurde erneut vertagt.

Die Anklagebehörde verlangt die Einweisung der Frau wegen einer paranoiden Schizophrenie in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher. Das Verfahren wurde vertagt und wird am Mittwoch fortgesetzt.

Der 51-jährige Vater - er ist selbst Richter - gab an, sich auf den Rat von Psychologen verlassen und deshalb nicht vehementer um die Obsorge der Kinder gekämpft zu haben. Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt hatte die Einweisung der Mutter in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher beantragt

Zurückgezogen
Nach der Scheidung der Ehe im Jahr 1997 zog sich die Frau mit ihren drei Töchtern - heute 15, 18 und 20 - in ihr Haus im Bezirk Urfahr-Umgebung zurück. Die Mädchen blieben immer öfter dem Schulunterricht fern, der Haushalt wurde zusehends als verwahrlost beschrieben, letztendlich entzog die Bezirkshauptmannschaft der Mutter im Oktober 2005 die Mädchen.

Öffentlichkeit dabei
Der Kindesvater beantragte mit dem Verweis auf "zahlreiche Medienverfahren" für den Zeitraum seiner Aussage den Ausschluss der Öffentlichkeit. Seine Kinder seien "durch die Transparenz in den Medien bereits betroffen", argumentierte er. Der Schöffensenat unter dem Vorsitz von Richterin Michaela Wietrzyk gab diesem Ansinnen aber nicht statt.

"Ich habe mich auf Psychologen verlassen"
"Warum haben Sie nicht früher eine mögliche Obsorge für Ihre Kinder beantragt?", fragte der beisitzende Richter Christian Liebhauser-Karl. Man habe immer gehofft, die Mutter lasse sich auf Maßnahmen der Behörden ein, antwortete der Vater. "Ich habe mich auf Psychologen verlassen und dem ewigen auf und ab der Maßnahmen zugestimmt", sagte der Jurist. Eine Anordnung zur Überprüfung der Zurechnungsfähigkeit sei jedoch nie erfolgt. "Heute würde ich es anders machen", erklärte der Zeuge.

Verhältnisse zunehmend verschlechtert
Zum Zeitpunkt der Scheidung seien die Verhältnisse im Haus seiner damaligen Frau noch weitgehend in Ordnung gewesen, erzählte der Jurist. "Damals habe ich mich noch um Haushalt und Garten gekümmert." Erst im Laufe des Jahres 1999 habe er bemerkt, "dass etwas schief läuft". Seine Ex-Frau habe nämlich zum ersten Mal gefragt, ob er hinter Verleumdungen gegenüber der ältesten Tochter stecke, berichtete der Zeuge.

"Sporadischer" Telefon-Kontakt
In der Folge sei der Kontakt zur Mutter und den drei Töchtern immer mehr abgerissen. Kontakte habe es nur mehr "sporadisch" am Telefon und vor allem mit der Jüngsten gegeben. Das Pflegschaftsgericht habe er im Jahr 2001 in die Causa involviert. Damals habe ihn seine Ex-Frau einmal um Mitternacht kontaktiert und erklärt, sie werde von 30 Autos verfolgt und Nachbarn würden durch die Wand Laserstrahlen auf ihren Kopf richten.

Jüngste Tochter geht ins Gymnasium
Inzwischen lebt die jüngste Tochter bei ihrem Vater und besucht das Gymnasium. Die beiden älteren Töchter befinden sich nach wie vor in einer Einrichtung in Kärnten. "Ich besuche sie regelmäßig und habe jetzt einen guten Kontakt mit beiden", erzählte der Vater.

Als "Saustall" hat ein Zeuge am Dienstag am Landesgericht Klagenfurt den Haushalt jener 53 Jahre alten Oberösterreicherin bezeichnet, die laut Staatsanwaltschaft Klagenfurt ihre drei Töchter jahrelang von der Außenwelt abgeschottet und vernachlässigt hatte. Der Tierarzt hatte im Sommer 2005 das Haus der Juristin aufgesucht, um Hinweisen auf eine vernachlässigte Hündin nachzugehen.

Haus in "befriedigendem" Zustand
Das Tier namens "Linda" solle nach Angeben des Tierschutzvereins schlecht gehalten worden sein, erzählte der Veterinär. Er habe deshalb das Wohnhaus der Familie besucht. Den Zustand im Haus nannte der Zeuge in Anlehnung an das Schulnotensystem "befriedigend". Allerdings habe er nur das Wohn- und Vorzimmer betreten, Sanitäranlagen und die Küche habe er nicht gesehen.

Mit Hund Gassi gehen
Entgegen den Gerüchten aus der Nachbarschaft habe es im Wohnzimmer weder nach Kot noch nach Urin der Hündin gerochen. Das Tier sei im Übrigen gut ernährt und in gutem Allgemeinzustand gewesen. "Ich habe die Frau nur darauf aufmerksam gemacht, dass Sie nach dem Tierschutzgesetz verpflichtet ist, den Hund Gassi zu führen", erzählte der Tierarzt. Dieser Aufforderung sei die Oberösterreicherin in den folgenden Wochen auch nachgekommen.

"Es hätte nur zusammengeräumt gehört"
Beim Einschreiten der Behörden im Oktober 2005 wurde im Haus der Oberösterreicherin aber jede Menge Müll gefunden. "So hat es im Juni auf keinen Fall ausgesehen", sagte der Tierarzt nach Vorlage von Fotos durch Richterin Michaela Wietrzyk. "Es hätte nur zusammengeräumt gehört", meinte der Zeuge. Bedenken bezüglich der drei Mädchen, die im Haushalt wohnten, habe er keine gehabt. "Die Kinder waren sauber gekleidet, Verwahrlosung, wie in den Medien berichtet wird, habe ich nicht bemerkt", erklärte der Veterinär.

Müllcontainer stand ganzen Sommer lang offen
Die Beobachtung des Tierarztes wurde von einer Nachbarin bestätigt, die den Zustand der Mädchen als "gepflegt" bezeichnete. Verwahrlosung habe sie nicht erkennen können. "Die Mädchen haben aber nicht mit anderen Kinder spielen dürfen", berichtete die Frau. Weiters erzählte die Zeugin von einem offenen Müllcontainer, der den ganzen Sommer in der Einfahrt gestanden wäre und aus dem es erheblich gestunken habe. "Es sind schon Ratten herumgelaufen", sagte die Zeugin.

Verhältnis zur Mutter "nicht immer einfach"
Als "nicht immer einfach" beschrieb eine Mitarbeiterin der oberösterreichischen Jugendwohlfahrt das Verhältnis zu der Mutter. Es wurden zwar immer wieder Vereinbarungen getroffen, die dann aber von der Frau nicht eingehalten worden seien. Gefahr, dass die Kinder Schaden nehmen könnten, habe sie jedoch nicht gesehen. "Die Verantwortung lag bei Gericht", sagte die Zeugin.

Das aufwendige Verfahren wird am Mittwoch unter anderem mit der Einvernahme von Mitarbeitern der Schulbehörde fortgesetzt. Ob es zu einem Urteil kommen wird oder ob das Verfahren erneut vertagt werden muss, war am Dienstagabend noch nicht abzusehen.

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