Schüssel Klubchef

Molterer wird neuer Finanzchef, Vizekanzler und ÖVP-Obmann

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Schlappe für Schüssel: Grasser lehnt nach massivem Widerstand in der der ÖVP das Vizekanzler-Angebot ab.

Finanzminister Karl-Heinz Grasser hat am Dienstag vor dem ÖVP-Vorstand seinen Rückzug aus der Politik angekündigt. Die ÖVP einigte sich zu Mittag auf Wilhelm Molterer als neuen Finanzminister. Gleichzeitig soll er auch als Vizekanzler das Regierungsteam der Volkspartei anführen. Der bisherige ÖVP-Chef und Bundeskanzler Wolfgang Schüssel wird neuer Klubchef. Der SPÖ-Vorstand hat Dienstagnachmittag trotz massiver Proteste mit nur 75 Prozent der Stimmen dem Koalitionsabkommen mit der ÖVP zugestimmt.

"Sieben Jahre sind genug"
Grasser sagte am Dienstag vor Journalisten, er habe entschieden, seine Arbeit in der Politik zu beenden und in die Privatwirtschaft zurückzukehren, sagte der Minister: "Sieben Jahre sind genug". Schließlich habe er stets betont, nie Berufspolitik werden zu wollen. Was er zukünftig machen werde, ließ er dahingestellt.

Schlappe für Schüssel
Die Entscheidung folgte, nachdem bis Dienstagfrüh ein dringendes Angebot von Parteichef Wolfgang Schüssel am Tisch gelegen war (oe24.at hat am Montag berichtet). Und Grasser hatte diesem Angebot auch bereits zugesagt. Schüssel wollte dem Vernehmen nach nur noch heute den Segen bei der Tagung des ÖVP-Parteivorstands holen. Wolfgang Schüssel selbst gehört der nächsten Regierung nicht mehr an.

Schlacht in nächtlicher Sitzung
Die Stimmen gegen Grasser innerhalb der ÖVP waren dem Parteifreien zu massiv geworden. In einer nächtlichen Marathon-Sitzung Montagnacht baute sich der Widerstand immer weiter auf. Der Noch-Finanzminister zog noch rechtzeitig die Notbremse, bevor der Aufstand zu groß geworden wäre.

Weg frei für Molterer
Mit Wilhelm Molterer, der dem Vernehmen nach jetzt anstelle Grassers das Amt des Finanzministers und des Vizekanzlers übernehmen soll, tritt ein langjähriger, enger Schüssel-Vertrauter in die erste Reihe. Ob der scheidende Kanzler im Gegenzug dann ÖVP-Klubobmann im Parlament wird, ist noch offen.

Molterer hat Dienstagabend in der ZiB2 bestätigt, dass er die Führung in der Partei und Karl-Heinz Grasser die Führung als Vizekanzler im ÖVP-Regierungsteam übernehmen hätte sollen. "Ich wollte mit Karl-Heinz Grasser den Weg gemeinsam gehen. Das war mein Angebot", so Molterer. Es sei "schade", dass diese "unkonventionelle" Lösung parteiintern gescheitert sei.

Molterer bekräftigte, dass er am 21. April beim ÖVP-Bundesparteitag als Bundesparteiobmann antreten werde. Er wolle die Führungsverantwortung in der ÖVP übernehmen, mit dem Ziel, die ÖVP bei der nächsten Wahl wieder zur Nummer eins zu machen. Sein Vorgänger Wolfgang Schüssel habe " menschliche Größe" gezeigt in der schwierigen Situation der Partei nach der Wahlniederlage am 1. Oktober. Das verdiene "ungeheuren Respekt".

Aufstand in der SPÖ
In der SPÖ ist davon die Rede, auch in der Personalfrage über den Tisch gezogen worden zu sein. Beim SPÖ-Parteivorstand am Dienstag kam es dem Vernehmen nach zu wilden Debatten. Schließlich hat der Vorstand Dienstagnachmittag dem Koalitionsabkommen mit der ÖVP doch noch zugestimmt.

Auch, weil Kanzler Schüssel für die ÖVP die Schlüsselressorts in den Verhandlungen herausgepokert hat, formiert sich ein immer größerer Widerstand gegen Alfred Gusenbauer in seinen eigenen Reihen: Nach Hannes Androsch hat sich ÖGB-Präsident Rudolf Hundstorfer Dienstag Vormittag am Rande des Präsidiums der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter (FSG) über die Ressortaufteilung in der Großen Koalition enttäuscht gezeigt.

Immer halten rund 50 Vertreter von SPÖ-Jugendorganisationen den Eingangsbereich zur SPÖ-Zentrale in der Löwelstraße besetzt.

Am Mittwoch ist jedenfalls die Angelobung bei Bundespräsident Heinz Fischer vorgesehen.

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