Die Rückforderungen beim Kindergeld treiben teils absurde Blüten: Das Geld muss zurückgezahlt werden, obwohl die Mütter gar nicht gearbeitet haben!
Bei 15 von der Arbeiterkammer Wien vertretenen Fällen müssen Mütter die Leistung wegen Überschreitung der Zuverdienstgrenze zurückzahlen, obwohl sie während des Bezugs gar nicht erwerbstätig waren. Grund dafür ist ein nachträglich ausgeschüttetes Urlaubsgeld seitens des Dienstgebers. Die Arbeiterkammer fordert von Familienministerin Andrea Kdolsky (V) nun eine ergänzte Härtefallregelung.
Urlaubsentgelt ausbezahlt
Den 15 Fällen ist gemeinsam, dass die
Geburt in der zweiten Jahreshälfte 2002 erfolgte und dass - oft auf
Dienstgeber-Wunsch bzw. um den Verfall zu vermeiden - offener Resturlaub
verbraucht und das zugehörige Urlaubsentgelt ausbezahlt wurde. Wäre das Kind
in den ersten sechs Monaten geboren worden, wäre die Zuverdienstgrenze
dagegen nicht überschritten worden und es müsste das Kindergeld nicht
zurückbezahlt werden.
Hochrechnung auf Gesamtjahr
Das kommt daher, dass das Urlaubsgeld
fiktiv auf das Gesamtjahr hochgerechnet und durch die Zahl der Bezugsmonate
des Kindergelds dividiert wird. Hat also jemand beispielsweise im November
und Dezember Urlaubsgeld von je 2.000 Euro bezogen, wird die Gesamtsumme -
also 4.000 Euro - durch die Zahl der Kindergeldmonate (im fiktiven Fall auch
November/Dezember) dividiert. Dabei kommen 2.000 Euro heraus, dazu muss der
fiktive Wert (30 Prozent) für die Sonderzahlungen addiert und das ganze Mal
zwölf (Monate) multipliziert werden. Ergebnis: 31.200 Euro. Die
Zuverdienstgrenze ist überschritten.
Nimmt man einen Fall mit den exakt gleichen Voraussetzungen, wo aber der Kindergeldbezug schon im Mai beginnt, ergibt sich plötzlich eine völlig andere Rechnung. Dadurch, dass nun durch acht (Monate Kindergeldbezug) dividiert wird, ergibt sich am Ende der Rechnung ein fiktives Einkommen von 7.800 Euro. Damit bleibt die betroffene Person unter der Zuverdienstgrenze und muss die Leistung nicht zurückzahlen.
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Familien regelrecht überrascht
Dass die 15 betroffenen
Frauen von der Rückforderung - sie liegt bei den bekannten Fällen zwischen
850 und 2.000 Euro - überrascht wurden, wundert wenig. Denn selbst das
Familienministerium verleitet zur Ansicht, dass das Urlaubsentgelt kein
Problem bezüglich der Zuverdienstgrenze darstellt. Auf der Homepage des
Ressorts findet sich unter "Urlaubsentschädigung und -abfertigung (ab
1.1.2002 sogenannte Ersatzleistungen)", dass diese Einkunftsart nicht in den
Zuverdienst eingerechnet werde.
Kein Durchblick mehr
Das heißt, selbst wer auf die Idee kommt,
dass Urlaubsentgelt ein relevantes Einkommen sein könnte und deshalb die
"Kurzübersicht zur Zuverdienstgrenze" des Ministeriums zurate zieht, müsste
ein Arbeitsrechtsexperte sein, um die Gefahr zu erkennen. Denn die
Urlaubsentschädigungen und -abfertigungen entsprechen nicht dem sogenannten
Urlaubsentgelt, sondern sind Zahlungen, die erst bei Beendigung des
Dienstverhältnisses gebühren. Vom "Urlaubsentgelt" - also dem klassischen
Urlaubsgeld - ist auf der Homepage gar nicht die Rede.
AK fordert Härtefallregelung
Die Arbeiterkammer fordert nun
vom Familienministerium eine ergänzte Härtefallregelung. Die derzeitigen
Möglichkeiten, auf eine Rückforderung zu verzichten, seien zu vage. Die
Beratungspraxis zeige bereits, dass in der Zuverdienstregelung einige
unfaire Härten stecken, die Kindergeldbezieherinnen treffen, die in keiner
Weise das System ausnutzen wollten. Die AK schlägt daher klare Tatbestände
zur Bereinigung solcher typischer Härtefälle vor.
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Frau Z. ist bei der Gemeinde Wien beschäftigt und hat im Juli 2002 Zwillinge geboren. Bis 5.11.2002 hat Frau Z. Wochengeld bezogen. Anfang November wurde Frau Z. von der GKK verständigt, dass sie ab 6.11.2002 Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld habe. Am 20. Jänner 2003 erhielt die junge Mutter nach Abgabe der angeforderten Unterlagen und wahrheitsgemäßer Beantwortung eines Fragebogens die Mitteilung über die Höhe des Kinderbetreuungsgeldes. Im Februar 2003 erfolgte die erste Überweisung.
Mit Bescheid vom 23. Juli 2007 - fast fünf Jahre danach - wird das Kinderbetreuungsgeld für den Zeitraum vom 6.11.2002 bis 31.12.2002 in der Höhe von 813,68 Euro von der Wiener GKK rückgefordert. Begründet wird dies damit, dass der maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte 14.600 Euro übersteigt. Was war passiert: Frau Z. hat im November und Dezember 2002 Urlaubsentschädigung in der Höhe von 4.045,14 Euro erhalten. Dieser Betrag wurde zu einem jährlichen Einkommen von 31.500 Euro hochgerechnet.