Atomstreit

Frankreich auf Gegenkurs zu den USA

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Im Streit um das iranische Atomprogramm ist Frankreich auf Gegenkurs zu den Sanktionsforderungen der USA gegangen.

Staatspräsident Jacques Chirac lehnte am Montag eine Einschaltung des UNO-Sicherheitsrates ab und machte auch die Aussetzung der Uran-Anreicherung nicht mehr zur Vorbedingung für die Aufnahme von Verhandlungen mit Teheran.

Die in den Iran-Gesprächen verhandelnde Sechs-Länder-Gruppe aus den fünf ständigen Mitgliedern des New Yorker UNO-Gremiums und Deutschland solle "darauf verzichten, den Sicherheitsrat einzuschalten", sagte Chirac im Radiosender Europe 1. Sanktionen seien "noch nie besonders effizient" gewesen.

"Wir sollten erst eine Tagesordnung finden und dann die Verhandlungen aufnehmen", sagte Chirac. Im Zuge der Gespräche könne die Sechser-Gruppe dann einen Verzicht auf Sanktionen anbieten und den Iran auf die Anreicherung "während der Dauer der Verhandlungen" verzichten.

"Atomprogramm kaum zu stoppen"
Chirac ist der erste hochrangige europäische Vertreter, der die Aussetzung der Uran-Anreicherung nicht mehr als Vorbedingung für die Eröffnung der Gespräche betrachtet. Das Weiße Haus hatten diese Voraussetzung erst am Donnerstag bekräftigt. Der französische Iran-Spezialist Frédéric Tellier sprach von einem "Wendepunkt". Chirac habe damit klargemacht, dass aus seiner Sicht das iranische Atomprogramm kaum mehr zu stoppen sei.

Der einstige Irak-Kriegsgegner Chirac dürfte seinen Vorschlag in seiner Rede vor der UNO-Vollversammlung am Dienstag in New York zur Sprache bringen, an deren Rande Gespräche zum Atomstreit angesetzt sind. Die Iran-Frage dürfte auch Chiracs Treffen mit US-Präsident George W. Bush am selben Tag dominieren.

Verhandlungen möglich
Der Chef der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO), Mohamed ElBaradei, zeigte sich zum Auftakt der Generalversammlung seiner Organisation in Wien zuversichtlich, dass Verhandlungen mit Teheran noch möglich seien. Der Chef der iranischen Atomenergiebehörde, Gholamreza Agazadeh, warnte erneut vor Sanktionen. Es dürfe "keinen Zweifel geben, dass jede feindliche Aktion durch den UNO-Sicherheitsrat zu einer Einschränkung der Zusammenarbeit" Irans mit der IAEO führen werde, sagte er. Teheran glaube, "dass eine Einigung über Verhandlungen möglich ist, die auf gutem Glauben, politischem Willen und Flexibilität basieren".

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