Reaktionen

Islamrat dafür, türkische Gemeinde dagegen

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Eine Welle an Reaktionen gibt es nach der Absetzung von "Idomeneno" in Berlin.

Die Entscheidung der Deutschen Oper Berlin, die "Idomeneo"-Inszenierung aus Angst vor islamistischen Protesten vom Spielplan zu nehmen, sorgt für eine Welle an Reaktionen. "Wenn die Sorge vor möglichen Protesten schon zur Selbstzensur führt, dann gerät die demokratische Kultur der freien Rede in Gefahr", kritisierte Kulturstaatsminister Bernd Neumann wie die meisten Politiker den Schritt. Der Chef des Islamrats in Deutschland, Ali Kizilkaya, hat die dagegen die Absetzung der Oper begrüßt.

"Sensibilitätsgründe"
Es müsse mehr Rücksicht genommen werden, um große Religionsgemeinschaften nicht in ihren Gefühlen zu verletzen, forderte der Vorsitzende des Islamrats, in dem nach dessen Angaben 32 Verbände zusammengeschlossen sind. Er hätte sich gewünscht, dass das Werk aus "Sensibilitätsgründen" erst gar nicht aufgeführt worden wäre. Kizilkaya zog in der "Netzeitung" Grenzen für künstlerische Freiheit: Freiheit sei wichtig, "darf aber keine willkürliche Beleidigung des Anderen sein", sagte der Islam-Funktionär. Eine Szene, in der die enthaupteten Köpfe von Poseidon, Jesus, Buddha und Mohammed gezeigt würden, verletze die religiösen Gefühle von Muslimen. "Eine Oper oder eine Karikatur - das macht keinen großen Unterschied", sagte Kizilkaya. Es gehe nicht um die Freiheit der Kunst, sondern um "Respekt vor dem Anderen".

Freiheit der Kunst
Dagegen sagte der Vorsitzende der türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, Muslime sollten die Kunstfreiheit akzeptieren. "Kunst muss frei sein", sagte er der "Netzeitung". Selbst wenn durch eine Aufführung groß angelegte Proteste nach dem Muster des Karikaturenstreits ausgelöst worden wären, hätte sie gezeigt werden sollen. "Man darf diesem Druck nicht nachgeben", forderte er. Kolat sagte, er könne zwar nachvollziehen, dass ein abgeschlagener Kopf des Propheten die Gefühle frommer Muslime verletzten könne. "Ich empfehle aber allen Muslimen, bestimmte Sachen zu akzeptieren." Kolat sagte, er wolle persönlich mit der Intendantin sprechen und sie zu einer Aufführung ermutigen. Sollte sich der Anlass bieten, werde er den Fall an diesem Mittwoch bei der Islam-Konferenz bei Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) thematisieren.

Provokation
Der Berliner Polizeipräsident Dieter Glietsch hat dagegen Verständnis für die Entscheidung gezeigt. Im Inforadio vom rbb sagte Glietsch er, nach den Erfahrungen mit dem Karikaturenstreit könne eine Szene, in der der abgeschlagene Kopf Mohammeds gezeigt werde, eine Gefährdungssituation auslösen. "Man kann nichts Schlimmes daran finden, wenn in einem Klima, das ohnehin schon zunehmend gespannt ist zwischen der islamischen und der westlichen Welt, darauf verzichtet wird, die Stimmung durch eine Szene weiter anzuheizen, die nach meiner Überzeugung ohne Zweifel als provokativ empfunden werden kann, vielleicht sogar muss von gläubigen Moslems", erklärte der Berliner Polizeipräsident.

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