Zehn Jahre nach dem Triumph von Chinas Tennis-Idol Li Na will es Zheng Qinwen ihrem großen Vorbild bei den Australian Open nachmachen. Die 21-Jährige fordert im Finale von Melbourne am Samstag (9.30 Uhr) Titelverteidigerin Aryna Sabalenka aus Belarus heraus.
Zheng ist allerdings große Außenseiterin, denn Sabalenka hat in allen sechs Matches auf dem Weg ins Finale keinen Satz abgegeben, nicht einmal im Re-Match des US-Open-Endspiels gegen Coco Gauff.
Zheng, die ab Montag zumindest Siebente (bei Titel Sechste) im WTA-Ranking ist und erstmals in die Top Ten einzieht, musste hingegen drei Mal über drei Sätze gehen. In China sind Fans und Medien aus dem Häuschen: Blütezeit für die "Goldene Blume Zheng", titelte die "chinesische Sportzeitung". Bei den Australian Open habe Zheng einen schönen Start, aber auch ein auswegloses Tief gehabt, hieß es darin weiter. "Aber wenn sie nur auf dem Platz steht, wird diese Frau zu einer Kriegerin, die niemals aufgibt", schrieb das Blatt.
Im bisher größten Spiel ihrer Karriere muss Zheng aber auch spielerisch mehr zeigen. Mit der Unterstützung der zweifachen Grand-Slam-Siegerin Li Na traut sich die noch Weltranglisten-15. dennoch eine Überraschung zu. "Sie hat mir gesagt, dass ich nicht zu viel nachdenken soll", sagte Zheng über einen Austausch mit Li Na, die 2014 am Yarra River triumphierte und damals mit ihren witzigen Interviews das Publikum verzückte. Ihre lustige Art und ihren Schmäh hat Li Na bis heute nicht verloren. Als Zheng nach ihrem Drittrunden-Sieg auf der Terrasse des Medienzentrums Interviews gab, schlich sich Li von der Seite an und stupste ihrer Landsfrau in den Rücken. Es war die erste persönliche Begegnung zwischen den beiden. "Sie sieht noch besser aus als im Fernsehen", sagte Zheng danach.
Zheng verfolge Li-Triumph im Tennisclub
Als Li vor zehn Jahren im Finale gegen die Slowakin Dominika Cibulkova gewann, verfolgte Zheng die Partie als Fan in einem Tennisclub ihrer Heimat. "Das war ein ganz besonderer Moment", sagte sie. "Sie hat damit vielen chinesischen Kindern Mut und Hoffnung gegeben. Von dem Moment an habe ich davon geträumt, auch einmal hier im Finale zu stehen."
Die Erfolge von Li Na haben Tennis in China bei Kindern und Jugendlichen erst so richtig populär gemacht. Den Lohn erntet das Riesenreich jetzt. Aktuell stehen sieben Spielerinnen aus China in den Top 100. Für die Damen-Organisation WTA kommen die Erfolge von Zheng zu einem günstigen Zeitpunkt. China ist ein wichtiger Markt für das Tennis-Business. Doch erst erschwerte die Coronavirus-Pandemie die Geschäfte, dann sorgte der Fall Peng Shuai dafür, dass es keine Turniere mehr in China gab.