Seit Anfang Juli amtiert Eduard Winter als neuer technischer Projektleiter der Stadt für die Errichtung des Wiener Hauptbahnhofs samt dazugehörigem Stadtentwicklungsgebiet. Eines seiner Betätigungsfelder ist dabei die projektierte Standseilbahn People-Mover - deren Errichtung laut Winter noch keineswegs fix ist. Derzeit werde eine bereits erstellte Studie vertieft. "Dann wird eine Kostenschätzung gemacht und dann wird entschieden: Tun wir weiter", so Winter.
Die Prüfung sei jedenfalls ergebnisoffen. Es gebe Rahmenbedingungen, die das Projekt so verteuern könnten, dass man sich gegen dessen Errichtung entschließe: "Das ist eine denkbare Variante - ich würde das einmal mit 30 Prozent Wahrscheinlichkeit ansetzen. Es kann passieren."
Entscheidung Mitte 2010
In jedem Falle soll das entsprechende Ergebnis der Untersuchung samt Kostenschätzung Ende des Jahres vorliegen. Wenn festgestellt werde, dass der People-Mover - auch unter dem Namen "Cable-Liner" bekannt - zu den Rahmenbedingungen und im Kostenrahmen machbar sei, werde man die Ausschreibung vorbereiten und sich an die Anbieter wenden. Eine definitive Entscheidung soll dann Mitte kommenden Jahres fallen.
Klar sei als Vorbedingung jedenfalls, dass das System verlängerbar sein muss. Derzeit wird nur der Streckenlauf vom Beginn der U1-Station Südtiroler Platz, durch die Bahnhofshalle, parallel zu den Gleisen und bis hin Richtung Arsenalstraße untersucht. Das bedeutet: Wird der Cable-Liner gebaut, wird zunächst dieses Stadtgebiet erschlossen.
Ob die Verlängerung danach komme und wie diese aussehe, sei hingegen noch nicht fix. Der genaue Routenverlauf hänge dann nicht von der Betreibergesellschaft ab, sondern von demjenigen, der im Gebiet investieren wolle. Dementsprechend stehe eine Anbindung der projektierten U2-Verlängerung an den People-Mover noch nicht fest: "Das ist keine fixe Option."
Aber auch selbst bei einer Absage des People-Mover-Baus käme für Winter keine Anbindung der U2 an den Hauptbahnhof in Betracht: "Die Option kommt auch dann nicht ins Spiel, weil sie schlicht und einfach nicht sinnvoll ist." Man brauche keine Parallellinie zur U1.
Winter ist Teil eines vierköpfigen Koordinationsteams, das alle Bereiche am Hauptbahnhof bedient, die der Stadt unterstehen, mithin also Infrastruktur und Stadtentwicklung. Bezüglich der eigentlichen Verkehrsbauwerke arbeitet man eng mit den ÖBB zusammen. Winter fungiert als Ansprechpartner und zugleich als Entscheidungsinstanz für die Partner vor Ort.
Hochhäuser sollen niedriger werden
Die beiden derzeit mit 88 Metern projektierten Hochhäuser am Areal des künftigen Wiener Hauptbahnhofs könnten zum Schutz des Weltkulturerbe-Titels abermals um einige Meter niedriger werden. "Jetzt gibt es noch eine Untersuchung, damit das Weltkulturerbe Belvedere auch ja nicht gefährdet ist", berichtete Winter weiter. Die beiden Bauten könnten demnach um maximal zwei Geschoße niedriger ausfallen als derzeit geplant.
Es gebe wohl noch einen Standort im Belvedere-Garten, von dem aus man eventuell die Dachflächen sehen könnte, so Winter. Deshalb laufe nun die Untersuchung, die von der TU Aachen beaufsichtigt werde. Bis Ende des Jahres sollen diese Erhebungen abgeschlossen sein. Man will nicht riskieren, wie jüngst Dresden den Titel als Weltkulturerbe zu verlieren.
Deshalb dürften die beiden Hochhäuser einige Meter niedriger als 88 Meter ausfallen. "Das wäre woanders natürlich tragischer, aber dort haben wir alle Möglichkeit und den Platz", zeigte sich Winter ob der Entscheidung entspannt. Man befinde sich darüber auch in guten Gesprächen mit den ÖBB, die im südlichen der beiden Türme ihren Hauptsitz nehmen werden.
Info-Turm ab dem Frühjahr
Der projektierte Aussichtsturm am Gelände des langsam entstehenden Wiener Hauptbahnhofes soll im kommenden Frühjahr stehen. Eigentlich hätten die Bauarbeiten schon beginnen sollen, jedoch verzögerten Anrainereinsprüche beim Bauverfahren den Beginn der Arbeiten. Der Spatenstich soll nun in der zweiten Oktoberhälfte erfolgen, kündigte Projektleiter Winter an.
Geplant ist ein Besucherzentrum, das unter anderem eine Ausstellung zu den Bauarbeiten enthält. Daneben soll ein gänzlich aus Holz errichteter, frei stehender Campanile mit 60 m Höhe gebaut werden. Er trägt auf 40 m Höhe eine Aussichtsplattform, von der aus die Arbeiten am Hauptbahnhof-Areal kostenlos beobachtet werden können.
Das Konstrukt soll auf dem Areal am Zusammenfluss von Favoritenstraße und Sonnwendgasse gebaut werden, auf dem bis zu seinem Abriss noch ein Gemeindebau stand. Man habe von dort den besten Überblick über das gesamte Stadtentwicklungsgebiet, das in wesentlichen Teilen bis 2015 fertiggestellt sein soll, so Winter. Bis 2020 könnte dann tatsächlich jede Fläche am Areal bebaut sein.
Der Aussichtsturm samt Infobox soll deshalb bis zumindest 2015 an seinem Standort verweilen und hat auch danach keine Abrissbirne zu fürchten: "Wir werden 2015 schauen, ob man das Ganze dann nicht auf den Nordbahnhof transportiert." Schließlich stehen dort die nächsten Bauarbeiten auf einem einstigen Bahnhofsgelände an.