Am Nachmittag wird sich EZB-Chef Trichet kritische Fragen zu Sonderbehandlung Griechenlands gefallen lassen müssen. Immerhin akzeptiert die Notenbank griechische Anleihen auch dann, wenn sie von Rating-Agenturen als Ramsch eingestuft werden.
Der Leitzins im Euro-Raum bleibt wie erwartet auf dem Rekordtief von 1,0 %. Das beschloss die Europäische Zentralbank (EZB) bei ihrer auswärtigen Ratssitzung am Donnerstag in Lissabon. Der wichtigste Zins zur Versorgung der Kreditwirtschaft mit Zentralbankgeld verharrt seit Mai 2009 auf diesem Niveau. Am Nachmittag wird sich EZB-Chef Jean-Claude Trichet auch zur Griechenland-Schuldenproblematik äußern.
EZB akzeptiert "Ramsch"
Wegen der Schuldenkrise in Griechenland sowie anderen südeuropäischen Länder und weil an der Inflationsfront Ruhe herrscht, rechnen Volkswirte in diesem Jahr nicht mehr mit einer Zinserhöhung. Trichet wird sich wohl kritische Fragen zur Sonderbehandlung Griechenlands gefallen lassen müssen. Entgegen früherer Aussagen von Trichet hatte die Notenbank am Montag eine "Lex Griechenland" verkündet: Ab sofort akzeptiert sie griechische Staatspapiere als Pfand für frisches Zentralbankgeld selbst dann, wenn Ratingagenturen diese als Ramsch einstufen. Bei einem Ausfall der Papiere müssten letztlich die Steuerzahler die Verluste tragen.
Mit dieser beispiellosen Maßnahme wollen Europas Währungshüter verhindern, dass sich griechische Geschäftsbanken nicht mehr über die EZB refinanzieren können, sollten Ratingagenturen die Noten noch weiter senken. Ökonomen hatten das als Einknicken der Notenbank interpretiert. Zweifel an der Unabhängigkeit der EZB wurden laut.