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Italiens Milchbauern planen Brennerbockade

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Der italienische Landwirtschaftsverband Coldiretti hat die Milchbauern zu massiver Beteiligung an der am 21. Juli geplanten Straßenblockade am Brenner aufgerufen. Hunderte von Milchbauern wollen mit ihren Traktoren den Verkehr an der Grenze lahm legen, um gegen die Krise in der Milchproduktion zu demonstrieren.

"Es wird der größte Protest der letzten Jahre zum Schutz der italienischen Milch- und Käseproduktion sein, die vom Import qualitativ niedriger, industriell verarbeiteter Produkte bedroht sind. Diese werden als italienische Waren verkauft, weil es kein korrektes Etikettensystem in Europa gibt", heißt es in einer Presseaussendung Coldirettis.

Der Präsident des Landwirtschaftsverbands, Sergio Marin, und der italienische Agrarminister Luca Zaia werden die Proteste der Milchbauern aus allen italienischen Regionen an der österreichischen Grenze anführen. "Wir wollen wissen, was nach Italien kommt und wo diese Waren landen", meinte Marini.

Milliarden Liter Milch und Milchpulver

Über den Brenner reisen Milliarden von Liter Milch und Milchpulver pro Jahr nach Italien, ohne jegliche Information für die Konsumenten, klagte Coldiretti. Der Verband will die italienische Milchproduktion mit einem transparenten Etikettensystem "vom Stall bis zur Supermarktregale" schützen.

Italiens Landwirtschaftsminister Zaia plant am 21. Juli am Brenner eine Pressekonferenz. Er will dort einen Vorschlag vorstellen, den die italienische Regierung in Brüssel zur Lösung der Probleme des europäischen Milchsektors vorlegen will. "Mit unserem Plan wollen wir nicht-konkurrenzfähige Milchproduzenten mit Anreizen anregen, den Sektor zu verlassen. Im EU-Raum gibt es zwei Millionen kleine Milchproduzenten mit weniger als 20 Kühen. Die Produktionskosten sind sehr hoch, während die Bauern 28 Cent für einen Liter Milch bekommen. Dies erklärt den Rückgang in der Produktion und des Exports von Milch und Käseprodukten. Dieses Problem betrifft nicht nur Italien, sondern auch Österreich, Frankreich, Deutschland und die Niederlanden", erklärte Zaia.

Heimische Frächter empört

Die österreichischen Frächter sind über die Milchbauern-Demo auf der italienischen Brennerseite jedoch empört. "Es ist absolut verantwortungslos in derart schwierigen Zeiten eine so wichtige Durchzugsroute zu blockieren. Das ist eine Frechheit", so Rudolf Bauer vom Fachverband der Güterbeförderer zur APA. Alleine von Tirol aus gebe es täglich Hunderte Fahrten über den Brenner. Bauer erinnerte an die Protestfahrt der Frächter am 25 Mai in Wien, wo bewusst eine massive Behinderung des Verkehrs vermieden wurde.

Die Frächterbranche stöhnt unter der Wirtschaftskrise. Sie beklagt Frachtrückgänge von bis zu 60 Prozent, bei den Preisen seien Rückgänge von bis zu 50 Prozent zu beobachten. Tausende Lkw wurden bereits dauerhaft abgestellt. Erst kürzlich hatte der oberösterreichische Großtransporteur Gartner angekündigt, bis zu 500 Mitarbeiter kündigen zu müssen.

Deutsche Pilgerfahrt nach Rom

Auf der anderen Seite gibt es Unterstützung für eine Pilgerfahrt auf Traktoren und Anhängern zu einer Audienz beim Papst in Rom für Deutsche Milchbauern von Mitgliedern der Österreichischen IG-Milch (Interessengemeinschaft Rinder- und Gründlandbauern). Man wolle die Pilger am 20. Juli auf ihrer Strecke durch Tirol begleiten, sagte ein IG-Milch-Mitglied am 19. Juli der APA. Die Forderung an die EU sei, ein "flexibles Milch-Quotensystem" einzurichten.

"Wahrscheinlich hilft uns nur noch die Kraft des Glaubens, um die politisch Verantwortlichen von einem höchst notwendigen Systemwechsel zu überzeugen", meinte Josef Niederstrasser, IG-Milch-Beirat und Milchbauer in St. Johann in Tirol. Auch die Mitglieder Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter, die zum Teil von der Ostsee anreisen, schmücken ihre Anhänger mit Transparenten mit der Aufschrift "Den Glauben an die Politik haben wir verloren, den Glauben an die Kirche noch nicht". Am 24. Juli soll die Audienz beim Papst stattfinden.

"Tatsache ist, dass wir zu viel Milch am Markt haben", schilderte Niederstrasser. Deshalb liege im Moment der Liter-Erzeugerpreis bei lediglich 27 Cent brutto (23 Cent netto), der Aufwand sei viel höher. Vergangenes Jahr habe man im Juli noch 42 Cent pro Liter bekommen. Früher oder später könnten die Rechnungen nicht mehr bezahlt werden, Betriebe müssten schließen. Eine flächendeckende Versorgung sei nicht mehr gewährleistet, führte der Landwirt aus. Mit der Aktion der italienischen Milchbauern und der geplanten Straßenblockade am Brenner mit Traktoren am 21. Juli habe dies nichts zu tun, betonte Niederstrasser.

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