Sorge vor neuem Gas-Notstand in Europa

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Die Warnung Russlands vor neuen Stopps der Gaslieferungen hat Besorgnis in der EU ausgelöst. Wladimir Putin hat jüngst die EU vor Unterbrechungen gewarnt, da das Gas-Transitland Ukraine offenbar seine Rechnungen nicht zahlen könne, erklärte die schwedische EU-Ratspräsidentschaft unter Hinweis auf ein Telefonat mit Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt.

Schweden werde die Angelegenheit weiter genau verfolgen. Große europäische Energiekonzerne wie etwa Deutschlands größte Gasversorger E.ON-Ruhrgas und Wingas zeigten sich gelassen und versuchten zu beruhigen: Die Speicher seien gut gefüllt.

Grund für die Warnung seien Zahlungsprobleme der Ukraine, dem wichtigsten Transitland für die Gaslieferungen in die EU, sagte Putin nach Angaben der Agentur Interfax. Der frühere Kremlchef hat Schweden als amtierende EU-Ratspräsidentschaft über die Schwierigkeiten der krisengeschüttelten Ex-Sowjetrepublik informiert. Ein EU-Energieberater des Ratspräsidenten sagte am Montag (2.11.), die Warnungen würden ernst genommen. Noch habe die Ukraine aber Zeit, die Oktoberrechnung zu bezahlen.

Überweisung meist in letzter Minute

Anfang des Jahres hatte ein wochenlanger Gaskrieg zwischen Kiew und Moskau um nicht bezahlte Rechnungen zu dramatischen Lieferausfällen auch in Ost- und Westeuropa geführt. Moskau hatte den Gashahn wegen ausbleibender Zahlungen zugedreht. Für Oktober müsse die Ukraine bis zum 7.11. etwa 500 Mio. Dollar (338 Mio. Euro) bezahlen, berichtete die Zeitung "Wremja Nowostej". Der ukrainische Konzern Naftogaz hatte in den vergangenen Monaten oft erst in letzter Minute das Geld an den staatlich kontrollierten russischen Gasriesen Gazprom überwiesen.

Neben der Industrie benötigen vor allem die Haushalte Gas. Erdgas, das vergleichsweise wenig des Treibhausgases Kohlendioxid freisetzt, wird auch zunehmend in Kraftwerken zur Stromerzeugung genutzt. Sein Anteil am Energiebedarf steigt daher seit längerem.

Als Lehre aus den Problemen im vergangenen Jahr hatte die EU verstärkt auf den Ausbau von Speichern vor allem in Osteuropa gedrängt.

Alternative Lieferwege

Europa bezieht etwa ein Fünftel seines Gases über Leitungen durch die Ukraine. Der Gasstreit hatte daher auch zu politischen Streitigkeiten über die wachsende Abhängigkeit vom Gas geführt. Die geplante Ostseepipeline soll eine alternative Versorgungsroute nach Deutschland ohne Transitländer ermöglichen. Bei dem sogenannten Nordstream-Projekt, an dem neben dem russischen Staatskonzern Gazprom unter anderem die deutschen Unternehmen E.ON und BASF beteiligt sind, stehen noch Baugenehmigungen aus einigen Ländern aus.

Das unter Federführung der OMV geplant Gaspipeline-Projekt Nabucco hat wiederum zum Ziel, die EU an die Gasquellen des kaspischen Raumes anzubinden. Neben der OMV sind auch die deutsche RWE, die ungarische MOL, die türkische Botas, die Bulgarian Energy Holding sowie die rumänische Transgaz beteiligt. Der Baubeginn soll plangemäß 2011 starten, das ersten Gas Ende 2014 transportiert werden. Nabucco steht in Konkurrenz zum russisch-italienischen Pipeline-Projekt South Stream.

EU soll Ukraine helfen

Putin hat zudem die Europäische Union aufgefordert, der Ukraine bei der Finanzierung der Versorgung mit russischem Gas zu helfen. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Itar-Tass sagte Russlands Ministerpräsident nach einem Treffen mit dem dänischen Ministerpräsidenten Lars Rasmussen in Moskau, die Europäer sollten mindestens 1 Mrd. geben. "Sie haben das Geld", sagte Putin. Russland habe der Ukraine für den Gastransit bereits 2,5 Mrd. Dollar gezahlt, unterstrich Putin.

Russland hatte Lieferungen über die Ukraine nach Westeuropa bereits zweimal gekürzt: im Jänner 2006 sowie Anfang dieses Jahres. Grund waren Streitigkeiten mit der ehemaligen Sowjetrepublik über Gaspreise und Zahlungen. Unter anderem wurde der Ukraine vorgeworfen, Gas für Westeuropa abzuzapfen.

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