Augenheilkunde vor Revolution

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Die Augenheilkunde befindet sich derzeit in einer rasanten Entwicklung. Patienten könnten von neuen Einsichten außerordentlich profitieren, sagt die Chefin der Uniklinik für Augenheilkunde und Optometrie, Ursula Schmidt-Erfurth aus Anlass des "EURETINA Winter Meetings".

Unter den Schwerpunktthemen des Augenkongresses sind innovative Strategien gegen die Augenalterung sowie neue Konzepte in Diagnose und Therapie der diabetischen Netzhauterkrankung. Das hat einen guten Grund: Alters- und Diabetes-bedingte schwere Augenerkrankungen entwickeln sich zu regelrechten "Volkskrankheiten".

Bis zu 2,5 Mio. Menschen über 50 Jahren sind in Europa von der altersbedingten Makuladegeneration (AMD) betroffen, allein in Österreich sind es 4.000 bis 5.000 Neuerkrankungen im Jahr. Bis zu 25 % der Diabetiker leiden an einer diabetischen Netzhauterkrankung, die wiederum die häufigste Ursache für einen schweren Sehverlust im berufstätigen Alter ist.

"Eine Individualisierung der Medizin durch das Nachweisen genetischer Marker und immer genauere Analysen der biologischen Prozesse im Auge, ein besseres Verständnis für die Rolle des Immunsystems und der sehr effektive Einsatz von Biologika sind einige der wesentlichen Fortschritte, die wir in der Augenheilkunde aktuell erleben", sagte Ursula Schmidt-Erfurth.

Beide Formen von Netzhautschäden führen zu schwerem und irreversiblem Sehverlust - nicht zuletzt aufgrund bisher fehlender wirkungsvoller Behandlungsmethoden. Neue, immer detailliertere Informationen gewinnt die moderne Forschung heute darüber, wie Alterungsprozesse am Auge vor sich gehen, sagte Schmidt-Erfurth: "Wir können immer besser unterscheiden, welche Entwicklungen im Alter normale, physiologische Veränderungen am Auge sind, welche Prozesse krankhaft sind und was davon behandelbar ist, um Sehverlust zu vermeiden."

Wie bei anderen verbreiteten Erkrankungen spielt die erbliche Veranlagung hier eine besondere Rolle, weiß die Expertin: "Bei der Makuladegeneration liegen bei 20 bis 40 % der Erkrankten bestimmte, heute bereits nachweisbare genetische Risiko-Marker vor." Diese Marker zeigen eine genetische Bereitschaft dafür an, dass durch fehlgesteuerte biologische Abläufe Netzhautzellen eingeschränkt arbeiten. Beteiligt daran ist offenbar auch ein Teilbereich der körpereigenen Abwehr - das Komplementsystem.

Analyse der biologischen Faktoren

Hier kann man neuerdings gezielt vorgehen. Die Expertin: "Mit modernen Methoden, die am AKH entwickelt und benutzt werden, können wir nicht nur die genetische Kondition von Patienten bestimmen. Es kann auch direkt im betroffenen Auge eine Analyse der biologischen Faktoren, vor allem der Entzündungsfaktoren vorgenommen werden."

Immer breiteren Raum gewinnen in der Therapie Biotech-Medikamente, zum Beispiel monoklonale Antikörper zur Hemmung von entzündlichen Prozessen. Kongresspräsidentin Schmidt-Erfurth: "Das ist der Weg in die vielzitierte individualisierte Medizin, die in der Augenheilkunde bereits erfolgreich angewendet wird." Damit könne man fehlgelaufene Prozesse wieder korrigieren. Die Arzneimittel werden direkt im Auge eingesetzt.

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