Die Belege zu einer teilweise schleppenden Bewilligung des Influenza-Medikaments "Tamiflu" durch Chefärzte österreichischer Krankenkassen - in Kontrast zu den vom Gesundheitsministerium herausgegebenen Empfehlungen - führten am 25. August zu einer Reaktion des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger.
Die Versorgung mit den antiviralen Medikamenten sei für die Mitgliedskassen klar geregelt und dauere nur wenige Minuten, hieß es in einer Stellungnahme. Allein, die Krankenfürsorgeanstalt der Stadt Wien (KFA), über die am 24. August ein Wiener Kassenarzt klagte, ist nicht Mitglied des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger.
"Grundsätzlich muss 'Tamiflu' oder 'Relenza' nicht auf jeden Fall, sondern erst nach ärztlicher Beurteilung gegeben werden. Solange H1N1-Verdachtsfälle bei den Hausärzten aber nur vereinzelt auftauchen, ist das Rezept durch den ärztlichen Dienst des jeweiligen gesetzlichen Krankenversicherungsträgers zu bewilligen", hieß es in der Aussendung.
Christoph Klein, Stellvertretender Generaldirektor des Hauptverbandes: "Wenn der Arzt bzw. Ärztin den Vermerk H1N1-Verdachtsfall oder H1N1-positiv anbringt, geschieht das über das elektronische Arzneimittel-Bewilligungssystem (ABS) innerhalb weniger Minuten". Als Verdachtsfälle gelten nach einem Schreiben des Gesundheitsministeriums ausschließlich Erkrankungen, auf die Folgendes zutrifft: Fieber von mehr als 38 Grad Celsius plus sonstige Beschwerden wie Gliederschmerzen oder Husten etc. plus entweder Kontakt mit einer erwiesen H1N1-positiven Person oder kürzlicher Aufenthalt in einem Land mit starker Verbreitung des H1N1-Virus.
Regelungen des Gesundheitsministeriums
Die - so der Hauptverband der Sozialversicherungsträger - von dem Mitgliedskassen umgesetzten und von Klein angeführten Regelungen inklusive der Definition eines Verdachtsfalles auf A(H1N1)-Erkrankung stammen vom Gesundheitsministerium. Eindeutig schriftlich dokumentiert sind die Vorgänge rund um einen Wiener KFA-Versicherten mit laut dem behandelnden Kassenarzt hochgradigem Influenza-Verdacht belegt, die sich vergangene Woche abgespielt haben. "Pat(ient, Anm.) ist vor 2 Tagen aus Spanien gekommen Fieber 38,9, Gliederschmerzen - hochgradiger Verdacht auf Influenza H1N1", schrieb der Arzt über das elektronische Rezeptbewilligungssystem (ABS) an die Krankenkasse der Patientin, um ein Tamiflu-Kassenrezept bewilligen zu lassen.
Rund 15 Minuten später kam eine Ablehnung zurück. Unter "Antwort" findet sich der Hinweis "Pandemieplan", unter "Entscheidung": "Ablehnung". Der Wiener Kassenarzt ließ nicht locker und schrieb zurück, dass laut Aussagen von Christoph Klein etc. Tamiflu im Erkrankungsfall bewilligt werden müsse. Im Falle des Aufrechterhaltens der Ablehnung erbitte man eine ausführliche Begründung. Der weitere Verlauf: Eine zweite Antwort der Chefärztin. Dieses Mal lautete die "Entscheidung": "Bewilligung". Dafür fand sich der zusätzliche Hinweis: "Virusnachweis mittels PCR?"
Vielleicht des Rätsels Lösung für die Vorgänge um die die Tamiflu-Bewilligung in Wien: Die KFA ist nicht Mitglied des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger. Sie wickelt aber die Rezeptbewilligung aber über das elektronische System (ABS) ab - ähnlich wie die Gebietskrankenkassen. Sicher aber dürfte auch die KFA die entsprechenden Schreiben des Gesundheitsministeriums bekommen haben.
Regierung berät sich zur Schweinegrippe
Im Ministerrat vom 25. August wird die österreichische Bundesregierung auch die aktuelle Lage in Sachen Schweinegrippe beraten. Gesundheitsminister Alois Stöger (S) zeigte sich vor der Regierungssitzung einmal mehr bemüht, die gröbsten Ängste zu zerstreuen. Er verwies darauf, dass es in Österreich seit April lediglich 270 Fälle gegeben habe, was deutlich weniger sei als bei normalen Grippewellen. Zusätzlich habe Österreich vorgesorgt, dass Impfstoff für die gesamte Bevölkerung zur Verfügung stehen werde.
Nach Angaben des Ministers sollte der erste Impfstoff Mitte bis Ende September vorhanden sein. Ob es dann eine Verpflichtung geben werde, das sich Schlüsselpersonal oder besonders gefährdete Gruppen einer Impfung unterziehen, ließ Stöger offen. Das werde man entscheiden, wenn die Vakzine zur Verfügung stehe.