Nabelschnurblut ermöglicht iPS-basierte Therapien

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Nabelschnurblut könnte die Tür für Therapien mit "induzierten pluripotenten Stammzellen" (iPS), die aus reprogrammierten Körperzellen gewonnen wurde, öffnen. So lautet "die Vision" eines der Stars der internationalen Stammzellen-Forschung, Hans Schöler, vom Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin in Münster (Deutschland).

Bei den aus Körperzellen Erwachsener gewonnenen iPS sieht der Forscher dagegen das Problem "der alten DNA". Aufgrund des Anstiegs der Mutationsrate im Laufe der Jahre könnte es ein erhöhtes Krebsrisiko im Zuge einer Therapie geben. IPS gelten als ethisch unbedenkliche Alternative gegenüber embryonalen Stammzellen, für deren Gewinnung Embryonen zerstört werden müssen.

Ursprünglich galten nur embryonale Stammzellen (ES) als so wandlungsfähig (pluripotent), dass daraus noch alle anderen Körperzellen eines Organismus werden können und sie damit für Behandlungen interessant wären.

Seit 2006 gelingt es, ausdifferenzierte Körperzellen in den Zustand einer pluripotenten Stammzelle zurückzuversetzen. Seither gibt es einen regelrechten Wettlauf in der Wissenschaft, die Reprogrammierung einfacher und sicherer zu machen und dabei auf ursprünglich notwendige Viren und Krebs auslösende Gene zu verzichten.

Menschliche Nervenzellen reprogrammiert

Den jüngsten Clou landete Schöler nun, indem es ihm und seinem Team gelang, erstmals menschliche Nervenzellen zu reprogrammieren, dass nur noch ein von ursprünglich vier Genen (Oct4) dafür notwendig ist. Seine Studie wurde heute, Freitag, von der Fachzeitschrift "Nature" online veröffentlicht, er berichtete darüber bereits in seinem Vortrag.

Mittlerweile können die Forscher auch völlig auf die Gene verzichten, indem entweder nur die Genprodukte (Proteine) oder optimale Rahmenbedingungen bei der Kultivierung der Zellen zum Einsatz kommen. Dies funktioniert bisher aber nur bei Keimbahnstammzellen von Mäusen.

"Ein Traum wäre es, die Reprogrammierung alleine durch kleine Moleküle chemisch auszulösen", so Schöler. Diese "small molecules" sollen die Funktion der Gene bzw. Proteine übernehmen.

Aufbau von Zellbanken

Doch Schölers Vision reicht deutlich weiter: Aufgrund des hohen Risikos bei der Verwendung "alter" Körperzellen wären Zellen aus dem Nabelschnurblut ideal. Sollte es möglich sein, diese mit Hilfe der Proteine oder "auf die chemische Art" zu reprogrammieren, wäre das laut dem Experten eine Möglichkeit für iPS-basierte Therapien.

Dafür müssten Zell-Banken mit verschiedensten iPS-Zellen aufgebaut werden, bei Bedarf könnten die für einen Patienten immunkompatibelsten iPS ausgewählt und je nach Erkrankung etwa zu Herz- oder Nervenzellen entwickelt werden. Die immunverträglichste Möglichkeit wäre das Einfrieren des eigenen Nabelschnurblutes, "ich bin aber skeptisch, ob die personalisierte Medizin durchführbar ist", so Schöler.

Bei allen Erfolgen mit iPS: "Wir können derzeit nicht sagen, ob iPS-Zellen die embryonalen Stammzellen ersetzen können", so Schöler. Jedenfalls seien für die Forschung die allerbesten ES zum Vergleich nötig, "um sagen zu können, ob es die iPS bringen".

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