Die Österreicher verzichten wegen der Wirtschaftskrise nicht auf ihren Sommerurlaub. Wohl aber bemerken Touristiker in manchen Bundesländern den Trend, dass Feriengäste günstigere Quartiere bevorzugen und in Ferienwohnungen, Appartements oder Privatzimmer übernachten. Für "Vollblut-Touristiker" ist das keine erfreuliche Entwicklung, weil das Service, ein Grundstein des Tourismus, bei diesen Übernachtungsmöglichkeiten wegfällt, meinte Peter Zellmann vom Institut für Freizeit- und Tourismusforschung.
Tourismus-Obmann Hans Schenner, selbst Hotelier, sieht in den Privatvermietern keine Konkurrenz: "Wer sich im Urlaub für die Übernachtung in einem Privatzimmer entscheidet, ist kein typischer Hotelgast. Das sind zwei unterschiedliche Gästegruppen." Das glaubt auch der Bundesobmann der Österreichischen Privatvermieter, Franz Hinterer, die mit 8.000 Mitgliedern ein Viertel der österreichischen Privatvermieter repräsentieren: "Wer privat bucht, geht nicht ins Hotel." Hinterer vermietet selbst private Zimmer und Ferienwohnungen im Salzkammergut und ist bis 20. September "komplett ausgebucht".
Familien und ältere Menschen sind laut Hinterer die typischen Mieter von Privatzimmern und Ferienwohnungen bzw. -häusern. Ferienwohnungen werden meist früh gebucht und mindestens für eine Woche. Für ein Privatzimmer mit Frühstück entscheiden sich Urlauber sehr kurzfristig und bleiben nur 3 bis 5 Tage. Hinterer sieht Privatvermieter als Ergänzung der Profis: Viele seiner Gäste gehen auswärts essen und nutzen die Freizeiteinrichtungen der gewerblichen Betriebe, wodurch diese auch profitieren würden.
Über einen "regelrechten Boom" freuen sich derzeit die oberösterreichischen Privatvermieter, berichtet die Obfrau des zuständigen Landesverbandes, Edith Grill. Das Preis-Leistungs-Verhältnis habe besonders Familien auf den Geschmack gebracht; sie selbst habe bis Mitte September kein Zimmer bzw. keine Wohnung mehr frei. Wie Grill bemerken auch ihre Kollegen in Vorarlberg, Kärnten und der Steiermark eine höhere Preissensibilität der Urlauber. "Die Leute gehen eher vom Hotel zum privaten Zimmer", meinte etwa der Kärntner-Verbandschef, Herbert Krainer.
Entwicklung auf Kosten der Vier- und Fünf-Sterne-Hotels
In Vorarlberg geht diese Entwicklung auf Kosten der Vier- und Fünf-Sterne-Hotels. Im Burgenland wurden im Juni in Privatquartieren 15.429 Nächtigungen gezählt, ein Plus von 23,6 Prozent. Übernachtungen auf Campingplätzen stiegen um 36 Prozent und in Ferienwohnungen und -häusern um 13,1 Prozent. 2008 entfielen rund 14 Prozent der landesweit 2,8 Mio. Nächtigungen auf Privatzimmervermieter.
Keine positive Auswirkung der Krise auf die Privatzimmervermieter merkt man indes in Tirol. "Die Hotels sind nicht viel teurer als die Privatzimmer und von der Krise haben wir überhaupt nicht profitiert", sagte der zuständige Obmann in Tirol, Friedrich Müller. Er rechnet für die gesamte Sommersaison sogar mit einem zweistelligen Minus. Auch in Niederösterreich gab es im Mai und Juni bei privaten Unterkünften ein Minus von 6,1 Prozent. Bei den gewerblichen Vermietern fiel der Rückgang mit 10,8 Prozent allerdings noch stärker aus. Kräftige Zuwächse verzeichneten dagegen Campingplätze (+7 %), Ferienwohnungen am Bauernhof (+10,5 %) und Jugendherbergen (+13,5 %).
In Salzburg will man keinen echten Trend zu Privatzimmern und Ferienwohnungen sehen. In den Monaten Mai und Juni verzeichneten die privaten Anbieter allerdings ein leichtes Plus, nicht aber im Juli. Der Tourismusverband Radstadt im Salzburger Pongau berichtete zudem von Zuwächsen in der Kategorie "Urlaub am Bauernhof" im Juli.
In Wien hat die Tourismusbranche im ersten Halbjahr keinen merkbaren Anstieg bei Unterkünften abseits von Hotels verzeichnet - im Gegenteil. Bei den - in der Bundeshauptstadt kaum vertretenen - Privatquartieren sank die Nächtigungszahl um 1,6 Prozent auf 5.900, sagte ein Sprecher des Wien-Tourismus. Der Trend zur Reservierung billigerer Privatunterkünfte gelte für den Städtetourismus weitaus weniger als für ländliche Gebiete, so seine Begründung.
Der Vorstand der Online-Reiseplattform Tiscover, Konrad Plankensteiner, sieht trotzdem auch in Wien eine Entwicklung in Richtung Pensionen, Appartements, Ferienwohnungen oder Privatzimmern. Insgesamt bietet die Reiseplattform in Österreich 14.000 buchbare Unterkünfte an, rund ein Viertel davon fällt auf "kleinstrukturierte Angebote", also auf Ferienwohnungen, Bauernhöfe und Privatzimmer.