Der Rechnungshof (RH) sieht die rechtlichen Voraussetzungen für eine Prüfung des Desasters um den Bau des neuen Terminals "Skylink" am Flughafen Wien gegeben. Das habe eine interne juristische Prüfung des Rechnungshofs ergeben, sagte Rechnungshof-Präsident Josef Moser am Donnerstag zur APA. Die Rechtsabteilung des Rechnungshofs sei zu dem Schluss gekommen, dass, obwohl Wien und Niederrösterreich gemeinsam nur 40 Prozent der Anteile halten, eine rechtlich abgesicherte Beherrschung vorliege, sagte Moser. Er geht davon aus, dass der Flughafen diese Sichtweise teilen wird. Bei der Flughafen AG wollte man sich noch nicht festlegen.
Angelpunkt ist laut Moser der Syndikatsvertrag zwischen dem Land Niederösterreich und der Stadt Wien. Darin werde der Flughafen als ein Unternehmen mit einem besonderen öffentlichen Auftrag definiert und gemeinsames Stimmverhalten zur Sicherung des österreichischen Eigentums und der tatsächlichen österreichischen Verfügungsgewalt über die Gesellschaft festgelegt. Üblicherweise kann der Rechnungshof Unternehmen nur prüfen, wenn die öffentliche Hand die Mehrheit von mindestens 50 Prozent hält.
Einen Widerspruch zu einem Brief seines Vorgängers Franz Fiedler von 2001, in dem dieser zum damaligen Zeitpunkt keine Beherrschung der Flughafen Wien AG durch die beiden Kernaktionäre Wien und Niederösterreich feststellte, sieht Moser nicht: Seither seien 8 Jahre vergangen, in denen sich die Wirkung des Syndikatsvertrags gezeigt habe.
Abgestimmtes Abstimmverhalten
Moser erinnert daran, dass die beiden syndizierten Partner auf eine Aufstockung verzichtet hätten, als die ÖIAG 2001 ihre Anteile abgeben hat, allerdings nicht mit dem Ziel, ihre "Verfügungsgewalt" dadurch zu schmälern. 10 Prozent der Anteile seien vom Vorstand zurückgekauft und dann in eine Mitarbeiterstiftung eingebracht worden. Die Mitarbeiterstiftung habe - obwohl nicht Teil des Syndikatsvertrags - stets zu 100 Prozent so abgestimmt wie die beiden Syndikatspartner.
Dass die Beherrschung vorliege, hat sich laut Moser sowohl bei den Hauptversammlungen als auch bei der Bestellung der Vorstände, des jeweiligen Aufsichtsratsvorsitzenden und der beiden stellvertretenden Vorsitzenden gezeigt. Bei den Hauptversammlungen hätten die beiden Kernaktionäre regelmäßig deutlich mehr als 50 Prozent des anwesenden Kapitals - konkret zwischen 56 und 77 Prozent - gestellt, und so die Unternehmenspolitik wesentlich mitbestimmt.
Ein aktuelles Beispiel, wie die Festlegungen des Syndikatsvertrages schlagend wurde, sei die Ankündigung der Ablöse von Vorstand Christian Domany durch Ernest Gabmann am 18. Februar, sagte Moser. In der Flughafen-Aufsichtsratssitzung am 20. Februar sei diese Ankündigung "nachvollzogen" worden, womit das Vorschlagsrecht Niederösterreichs wirksam wurde.
Letzte Instanz VfGH
Der Rechnungshofpräsident geht davon aus, dass der Flughafen nichts gegen eine Prüfung einzuwenden hat. Die Entscheidung liege aber "bei den Akteuren", sagte er am Donnerstag. Sollte das Unternehmen die Prüfung ablehnen, würden die Eigentümer eingeschaltet. Letztlich müsste der Verfassungsgerichtshof ersucht werden, die Frage der Prüfkompetenz zu klären, so Moser. Wie lange das dauert, ließe sich aus der Dauer bisheriger Verfahren ableiten.
Der Prüfantrag werde derzeit formuliert und noch diese Woche zugestellt. Nächste Woche werde dann das Prüfteam in Richtung Flughafen aufbrechen.
Ende der 90er-Jahre hat der RH bereits ein Bauprojekt des Flughafens, den Pier West, unter die Lupe genommen und die Schwachstellen in einem 2001 veröffentlichten Bericht aufgezeigt: Mangelnde Vergabepraxis, mangelnde Kontrolle, mangelnde Projektabwicklung. Seit damals habe sich nichts geändert, außer die Beteiligungsverhältnisse, so Moser.
Wie wichtig die rasche Prüfung sei, zeige das Beispiel AUA. Damals seien vier wichtige Jahre verstrichen, bis der RH tatsächlich prüfen konnte.
Der Flughafen Wien ist wegen einer Baukostenexplosion am neuen Terminal in die Schlagzeilen geraten. Der Ausbau wurde vorerst gestoppt. Interne Untersuchungen laufen. Die Frage der Rechnungshof-Prüfkompetenz beschäftigt diese Woche auch das Parlament.
Flughafen überlegt noch
Der Vorstandssprecher der Flughafen Wien AG, Herbert Kaufmann, wollte sich am Donnerstag noch nicht festlegen, ob das börsenotierte Unternehmen die geplante RH-Prüfung nächste Woche akzeptieren wird. Einer solchen Prüfung könne nicht freiwillig zugestimmt werden, sondern müsse eine rechtliche Basis haben, so Kaufmann in einer Pressemitteilung. Zunächst werde der Flughafen Wien die Argumente des Rechnungshofs prüfen und aalysieren und voraussichtlich nächste Woche über die weitere Vorgangsweise entscheiden.
Der Flughafen wolle keine aktienrechtlichen Verpflichtungen verletzen, daher müsse man die Argumente genau prüfen, sagte Kaufmann im ORF-Mittagsjournal. Wenn es die Möglichkeit einer RH-Prüfung auf rechtlich abgesicherter Basis gebe, sei nichts dagegen einzuwenden. "Inhaltlich habe man überhaupt nicht gegen eine Prüfung", so Kaufmann.