Alexej Mordaschow ist zum größten TUI-Anteilseigner avanciert. "Wir halten mehr als 16 % der TUI-Aktien", sagte der für Mordaschow im TUI-Aufsichtsrat sitzende Wladimir Jakuschew am Rande der TUI-Hauptversammlung.
Zuvor hatte der Vertreter des streitbaren Großaktionärs John Fredriksen erklärt, der norwegische Reeder habe seinen Anteil von rund 19 auf 15,7 % gesenkt. Fredriksen hat nach 2 Jahren erbitterter Auseinandersetzungen mit dem Management versöhnlichere Töne angestimmt. Dennoch kritisierte auf der Hauptversammlung des größten europäischen Tourismuskonzerns der Fredriksen-Vertraute Tor Olav Troim den Vorstand abermals als Wertevernichter.
Die Fredriksen-Seite äußerte erneut scharfe Kritik am Kurs von Vorstandschef Michael Frenzel und forderte dessen Rücktritt. Auf einen erneuten Antrag zum Sturz des Aufsichtsratschefs verzichtete er aber. Mit dem im Dezember an die Spitze des TUI-Kontrollgremiums berufenen Dietmar Kuhnt gebe es einen "guten Dialog", sagte Troim.
Der russische Investor Alexej Mordaschow avancierte indes zum größten Anteilseigner und hält inzwischen mehr als 16 %, wie dessen Vertreter im Aufsichtsrat erklärte. Kreisen zufolge sind es sogar 17 %. Im März will TUI gemeinsame Projekte mit Mordaschow in Russland präsentieren.
HV "im Zeichen der Harmonie"
Troim erklärte, die Hauptversammlung solle "im Zeichen der Harmonie" stehen. Der Streit um einen Aufsichtsratssitz schwelt aber im Hintergrund weiter. "Ich habe weitreichende Zugeständnisse angeboten und nur eines als Gegenleistung erbeten: einen Aufsichtsratssitz", sagte Troim. Er kritisierte, dass Vorstandschef Michael Frenzel und Kuhnt dafür zu große Hürden aufgestellt hätten und etwa forderten, auf Kritik an der Geschäftsführung zu verzichten. "Wir sind nicht bereit, diesen Preis für eine Beteiligung im Aufsichtsrat zu zahlen", sagte Troim. Als Gegenkandidaten zu dem von der Verwaltung als Aufsichtsrat vorgeschlagenen Ex-Daimler-Manager Klaus Mangold ließ sich Troim nicht aufstellen.
Frenzel und Kuhnt betonten ebenfalls die Bereitschaft zum Gespräch mit Fredriksen. TUI lehnt die seit knapp zwei Jahren bestehende Forderung nach einer Vertretung Fredriksens in dem Kontrollgremium aber nach wie vor ab und begründet dies mit früheren verbalen Ausfällen des Norwegers sowie mit drohenden Interessenskonflikten. Fredriksen hatte im Herbst die Gründung einer Billig-Containerlinie angekündigt. TUI ist noch zu 43 % an der Reederei Hapag-Lloyd beteiligt. Möglicherweise würde also einem Konkurrenten Einblick in Geschäftsinterna ermöglicht, erklärte TUI. Troim stellte nun allerdings klar, dass Fredriksen die Pläne für die Billiglinie aufgegeben habe, um TUIs Bedenken zu entkräften.
Forderung nach Bestellung eines Sonderprüfers bleibt
Als Geste guten Willens zog Troim auf der Hauptversammlung zwar einige zweitrangige Anträge zurück. An der Forderung nach der Bestellung eines Sonderprüfers hielt er aber fest. Der soll die im Zusammenhang mit dem Verkauf von Hapag-Anteilen gemachten "überproportionalen" finanziellen Zusagen von TUI an die Reederei unter die Lupe nehmen. Zudem soll er prüfen, ob TUI bei der Ankündigung einer Wandelanleihe im Herbst 2009 seinen Veröffentlichungspflichten genüge getan hat.
Fredriksen scheiterte aber am Abend mit Anträgen auf Sonderprüfungen. Dabei ging es um TUI-Finanzhilfen für Hapag-Lloyd sowie um mögliche Regelverstöße bei der Ausgabe einer Wandelanleihe im Herbst 2009.
Bereits 2008 und 2009 war Fredriksen mit seinen Forderungen an der Phalanx der Aktionäre gescheitert, die mit TUI geschäftlich verbandelt sind - etwa weil ihnen Hotels gehören, die TUI bucht. Angesichts der traditionell niedrigen Präsenz auf Hauptversammlungen sicherte dieser rund ein Drittel der Stimmrechte besitzende Block dem TUI-Management eine deutliche Mehrheit. Anders als in den Vorjahren hatte Fredriksen im Vorfeld des diesjährigen Aktionärstreffens auf eine Kampagne zur Gewinnung von Unterstützern verzichtet.
Mit Blick auf die Reduzierung des Fredriksen-Anteils an TUI erklärte Troim, Fredriksen habe Aktien gegen Wandelanleihen getauscht. "Denn das wird unseren Bedürfnissen besser gerecht." Insgesamt sei er nun aber mit mehr Geld in dem Tourismus-Konzern investiert als vorher - mit rund 1,2 Mrd. Dollar.
TUI will Hapag-Lloyd-Sorgen schnell abschütteln
TUI will die milliardenschweren Belastungen durch sein Sorgenkind Hapag-Lloyd möglichst schnell abschütteln. Der Konzern wolle dadurch den Spielraum für sein Kerngeschäft Touristik erhöhen, sagte Vorstandschef Michael Frenzel bei der Hauptversammlung. Es werde aber "keinen Verkauf zu Schnäppchenpreisen" geben.
DerTUI-Konzern ist an seiner früheren Tochter Hapag-Lloyd noch mit 43 % beteiligt. Die restlichen Anteile liegen bei dem Hamburger Konsortium "Albert Ballin". Die Container-Reederei war wegen der Wirtschaftskrise in Schieflage geraten und musste mit einem Rettungspaket gestützt werden. Die TUI ist zusammen mit im Zuge des Pakets erteilten Darlehen mit 2,5 Mrd. Euro bei Hapag-Lloyd engagiert. Mittelfristig will sich der Konzern vollständig von der Hamburger Reederei trennen.
Frenzel verteidigte die Finanzhilfen. Es habe nur die Wahl gegeben, "ein Rettungspaket zu schnüren oder Hapag-Lloyd untergehen zu lassen". Letzteres hätte allerdings auch den Wert der TUI-Aktie drastisch vermindert. Ohne den Teilverkauf von Hapag-Lloyd wäre die TUI "insgesamt in schwere See geraten". Wegen steigender Frachtraten gebe es bei Hapag-Lloyd inzwischen aber wieder "Licht am Horizont". Die Reederei hatte zuletzt ihre Verluste deutlich verringert.
Troim griff Frenzel auch persönlich scharf an. Dieser habe für das Rumpfgeschäftsjahr 2009 rund 2,4 Mio. Euro erhalten, obwohl es im Kerngeschäft Touristik Verluste gegeben habe und keine Dividende an die Aktionäre ausgeschüttet werde. Die TUI habe in den vergangenen 16 Jahren 40 % an Wert verloren. Frenzel aber reise im Privatflugzeug und unterhalte eine "kostspielige Zentrale".
Streit gibt es auch um einen von der Fredriksen-Gruppe geforderten Sitz im Aufsichtsrat der TUI. Troim sagte, die TUI-Führung habe als Bedingung dafür unter anderem verlangt, dass Fredriksen seine Kritik am Vorstand unterlasse und die Strategie Frenzels unterstütze. "Wir sind nicht bereit, diesen Preis für eine Beteiligung im Aufsichtsrat zu zahlen", sagte Troim.
Frenzel wollte auf die Vorwürfe nicht im Einzelnen eingehen. Er sei an einem "konstruktiven Dialog" interessiert und hoffe, dass sich die Fronten nicht weiter verhärteten.
Unterdessen sieht die TUI-Spitze das Kerngeschäft Touristik nach der schweren Krise wieder auf Erholungskurs. Die Nachfrage nach Urlaubsreisen verbessere sich in allen wichtigen Märkten, sagte Frenzel. "Mit dem Start der Sommersaison 2010 sind wir zufrieden." Die TUI-Tochter TUI Travel erwäge, die im Vorjahr deutlich reduzierten Kapazitäten moderat auszuweiten.