Nicht nur in der EU-Wettbewerbsprüfung des Lufthansa/AUA-Deals soll es sich spießen, sondern auch im Beihilfeverfahren, das von EU-Verkehrskommissar Antono Tajani geleitet wird. Laut der Tageszeitung "Die Presse" (Samstagausgabe, 11. Juli) hätten Berechnungen der Kommission ergeben, "dass die AUA eigentlich schon jetzt illiquid sei und die 500 Mio. Euro nicht ausreichten". Tajani sei "verstimmt". AUA-Konzernsprecher Martin Hehemann hat den Bericht zurückgewiesen.
"Die Information, dass das Beihilfeverfahren kippen könne, kann nur eine Falschmeldung sein. Wir bekommen aus Brüssel ganz andere Signale", so Hehemann. Zudem sei die AUA liquid und "die Liquidität reicht selbst, wenn sich die wirtschaftliche Lage nicht verbessert bis über das Jahresende hinaus".
Wie berichtet, erwartet EU-Kommissarin Neelie Kroes, dass die Lufthansa im vertieften Prüfungsverfahren bis nächsten Montag substanziellere Zugeständnisse vorlegt. Das bisher Angebotene sei schlechter gewesen als das, "was bisher auf dem Tisch gelegen ist", hatte der Sprecher von Kroes am Freitag gesagt. Sollte es in den nächsten Tagen keine konkreten Zugeständnissen der Lufthansa geben, werde es unmöglich sein, bis Ende Juli zu einer Entscheidung zu kommen. Bis dahin gilt das Angebot der Lufthansa.
Nach einem Bericht des "Standard" (Samstag) hat die Lufthansa ihr Angebot aus der ersten Phase, die Strecken Wien-München und Wien-Zürich zu bereinigen, zurückgenommen. Im Gegenzug soll sie weniger einschränkende Angebote auf der Route nach Genf gemacht haben.
Nach dem "Presse"-Bericht wird in Wiener Politkreisen bereits eine drohende Insolvenz der AUA befürchtet. Um eine solche zu vermeiden zu können, feile man an einem Plan B, durch den 80 Prozent des Streckennetzes erhalten bleiben würden. Man müsste der AUA freilich wieder Geld zuführen und würde erst in etwa zwei Jahren wieder auf Partnersuche gehen.
"Österreich" ortet Retter Niki, für Austrian-Sprecher "grotesk"
Was für die Tageszeitung "Österreich" und vor allem ihren Herausgeber Wolfgang Fellner "endlich einmal gut und professionell" klingt, ist für den Konzernsprecher der AUA nur "grotesk": "Österreich" berichtete am Samstag in einer Vorausmeldung zu seiner Sonntagausgabe, angesichts eines möglichen Scheiterns der Übernahme der heimischen Fluglinie durch die Lufthansa werde die Fusion von "Tyrolean" und "Fly Niki" unter der Führung Niki Laudas überlegt. AUA-Sprecher Hehemann dazu gegenüber der APA: "Wir verbuchen die Meldung unter 'Störfeuer von Herrn Lauda'".
"Österreich" vermeldete, ohne Kauf durch Lufthansa könne die AUA den 200-Millionen-Überbrückungs-Kredit, der am 19. Juli fällig wäre, nicht zurückzahlen und brauche vielmehr noch im Sommer weiteres Staatsgeld zum Weiterfliegen. "Hinter den Kulissen" werde daher überlegt, die AUA in eine "good Airline" und eine "bad Airline" zu teilen.
Die "bad Airline" - primär die "alte AUA" - soll laut "Österreich" die Abfertigungen des gesamten Personals und die alten Fluggeräte übernehmen und letztlich in Konkurs geschickt werden. Die "good Airline" - bestehend aus der kostengünstigeren Tyrolean und den lukrativen Flugrechten sowie Vertriebs- und StarAlliance-Apparat solle einen Neustart erhalten und - mit den Tyrolean-Mitarbeitern und Tyrolean-Verträgen als Basis - mit der profitabel fliegenden "Fly Niki" zu einer neuen, erfolgreichen "Austrian Niki" fusioniert werden. Niki Lauda, der die neue Austro-Airline leiten solle, wird mit den Worten zitiert: "Mit mir hat keiner geredet, no comment. Aber die Idee klingt gut!"
AUA-Sprecher Hehemann findet das nicht: "Wir wissen, dass Herr Lauda seit einem halben Jahr mit diesem Konzept in Wien herumspaziert und versucht, dafür Befürworter zu finden", meinte er im Telefonat mit der APA, "und zwar erfolglos. Es würde wirtschaftlich überhaupt keinen Sinn machen, daher findet er dafür auch keine Befürworter. Die ganze Idee ist grotesk!" Auch, dass in "Österreich" behauptet wird, die AUA würde spätestens im August weiteres Kapital benötigen, weist Hehemann zurück: "Das ist falsch, wir haben, selbst wenn die allgemeine Wirtschaftslage sich nicht verbessert, bis über das Ende des Jahres hinaus ausreichend Kapital."
EU-Prüfung für AUA/Lufthansa bis August möglich
Bundeskanzler Werner Faymann konnte in Sachen AUA-Übernahme durch die Lufthansa am Sonntag auch nach einem Telefonat am Vortag mit EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso keine Entwarnung geben. Es lasse sich noch nicht absehen, ob schon in zwei Wochen Klarheit bezüglich der Entscheidung der EU vorhanden sei oder ob die vertiefte Prüfung bis in den August hineinginge: "Lieber wäre uns eine rasche Lösung, rechnen müssen wir mit beidem", sagte Faymann am Sonntag (12. Juli) in der ORF-"Pressestunde".
Der Kanzler zeigte zwar Verständnis die genaue Prüfung der EU-Kommission und deren Fragen, die nicht aus der Luft gegriffen seien. Die Brüsseler Behörde versuche Monopole zu verhindern, die nachteilig für die Bürger wären. Die Regierung unterstütze aber die Lufthansa, denn ein Bestehen der AUA in einer gewissen Größe sei auch wichtig für den gesamten Standort Wien und insbesondere für die tausenden Mitarbeiter, sagte Faymann.
Zurückhalten äußerte sich der Kanzler zu möglichen Alternativszenarien. Es gebe zwar eine Reihe von Überlegungen für den Fall, dass die Übernahme der AUA durch die Lufthansa nicht gelinge: "Aber wir haben keinen Plan B so vorbereitet, dass man ihn jetzt schon in der Öffentlichkeit präsentieren könnte." Offen ließ er, ob nochmals Geld des Staats der AUA zugeschossen werden könnte. Das stehe jetzt nicht auf der Tagesordnung. Ziel sei, den Lufthansa-Verkauf unter den geplanten Rahmenbedingungen über die Bühne zu bringen, möglicherweise mit Hilfe einer Verlängerung der Frist für das Lufthansa-Angebot über Ende Juli hinaus.
Er hoffe, dass die Lufthansa auf die Forderungen der EU-Kommission "so weit eingeht, wie möglich erscheint, dann könnte es eine rasche Lösung geben, sagte Faymann. Die EU-Kommission hat am Freitag die Zugeständnisse der Lufthansa für die AUA-Übernahme als völlig ungenügend bezeichnet und betont, es müsste ein Wunder geschehen, damit sich eine Entscheidung noch vor Ende Juli noch ausginge. Konkret soll es um den Verzicht auf bestimmte Streckenrechte gehen, etwa zwischen Wien und Frankfurt.