Offiziell will man von Krisenstimmung nichts hören - hinter den Kulissen schaut es ein bisschen anders aus. "Der Oktober ist bei weitem nicht so gut gebucht wie sonst, weil die Firmen sparen", berichtete die Hotelbetreiberin des 5-Sterne-Hauses Central, Angelika Falkner.
Die Skiindustrie nutzt den Weltcup-Auftakt in Sölden seit Jahren, um ihr neuestes Material zu präsentieren. Heuer standen die Skifirmen allerdings auf der Bremse - die öffentlichen Auftritte haben sich im Vergleich zum Vorjahr erheblich reduziert. "Das spüren wir natürlich", meinte Falkner. Auch der Sportartikelhandel merkt die gebremste Kauflust der Urlauber. In der Gemeinde Sölden gibt es über 40 Sportgeschäfte, viele davon haben noch gar nicht offen.
Der Söldner Bürgermeister Ernst Schöpf sieht das anders: "Der Tourismus hat sich bis jetzt als krisenresistent erwiesen. Wenn das, was wir im Winter 08/09 und im heurigen Sommer erlebt haben eine Krise ist, dann können wir damit ganz gut leben", sagte er am Wochenende. Der Weltcup-Auftakt sei für die Gemeinde "ein Hammer", damit zeige man ganz Österreich, dass der Winter begonnen hat. Während der Veranstaltung, die am 26.10. mit einem Live-Konzert von Wolfgang Ambros seinen Ausklang nahm, seien die rund 11.000 Gästebetten im Ort zu 90 % ausgelastet.
Oliver Schwarz, Geschäftsführer vom Ötztal Tourismus, wäre "mehr als zufrieden", wenn die offiziell ab 1.11. startende Wintersaison an das Ergebnis vom Vorjahr anknüpft. Im Winter 08/09 verzeichnete das Ötztal 2,5 Mio. Nächtigungen. Für ganz Österreich bekräftigte Wirtschaftsminister Mitterlehner seine Prognose, mit einem Umsatzminus von rund 5 % davonzukommen. Befürchtete Katastrophen würden aber nicht stattfinden, so der Minister, der das Weltcup-Spektakel am Wochenende gemeinsam mit rund 25.000 Fans miterlebte.
Gestärkt durch eine 1,5 Mio.-Euro-Inlands-Winterkampagne will die Österreich Werbung (ÖW) durch den schwierigen Winter segeln, der "bestimmt kein Spaziergang" wird, wie ÖW-Chefin Petra Stolba sagte. Den Werbeauftritt in Sölden hat sich die ÖW rund 210.000 Euro kosten lassen. Das mache sich bezahlt, Tirol sei in punkto Wintersport das wichtigste Bundesland in Österreich. Vergangenen Winter haben die heimischen Tourismusbetriebe rund 12 Mrd. Euro umgesetzt, 4,5 Mrd. Euro gingen laut Josef Margreiter, Chef der Tirol Werbung, auf die Kappe der Tiroler Betriebe.
Sölden nach Wien wichtigste Winterdestination
Die Gemeinde Sölden im Tiroler Ötztal ist fast ausschließlich vom Tourismus geprägt. Mit rund 1,8 Mio. Nächtigungen im Winter 2008/2009 lag Sölden, lässt man Wien mit seinen 4,1 Mio. Übernachtungen beiseite, an der Spitze der heimischen Winterdestinationen. Zum Vergleich: Kitzbühel verzeichnete im gesamten vergangenen Jahr 600.000 Nächtigungen.
Die rund 64 Söldner Seilbahnunternehmen sind sich ihrer Bedeutung als Top-Wintersportort im klaren und haben heuer bereits 60 Mio. Euro in Pistenbau, Komfort und Beschneiung investiert. In den vergangenen 12 Jahren haben die Unternehmen gut 200 Mio. Euro in die Hand genommen. "Wir investieren zur Zeit mehr als wir verdienen", sagte der Geschäftsführer der Ötztaler Gletscherbahn GmbH & Co KG, Jakob Falkner. Im Vorjahr erwirtschafteten die Bergbahnen laut Falkner rund 45 Mio. Euro.
Im Winter wächst die 3.400-Seelen-Gemeinde Sölden (Sölden, Hochsölden, Obergurgl, Hochgurgl, Vent, Zwieselstein und Heiligkreuz) auf rund 30.000 Menschen an. 21.000 davon sind Touristen, der Rest Personal. 50 % der Wintergäste kommen aus Deutschland, 15 % aus den Beneluxländern, 8 Prozent aus Russland. Die Österreicher selber nehmen mit rund 5 % einen geringen Teil ein, erzählte Schwarz.
Während sich Sölden zunehmend zur "Russen-Hochburg" entwickle - im Vorjahr wurden rund 100.000 Russen-Nächtigungen verzeichnet - hätten die Orte Obergurgl und Hochgurgl in den vergangenen Jahren vor allem von den Briten profitiert. Die Abwertung des Pfund gegenüber dem Euro macht den Winterurlaub für Engländer allerdings unerschwinglich, wodurch den Betrieben ein wichtiger Markt verloren geht, so der Ötztaler-Tourismus-Chef. Im gesamten Bundesland Tirol machen die Briten laut Margreiter 5 Prozent der Wintergäste aus.
42,50 pro Skitag
Preislich kommen nur wenige Skigebiete an Sölden heran. Für einen Skitag muss ein Erwachsener 42,50 Euro berappen. Angst, dass die Touristen angesichts dieser Preise bald ausbleiben, hat man nicht. "Die Menschen kommen gerne zu uns und sind auch bereit, für 250 Pistenkilometer etwas zu zahlen", meinte Seilbahnen-Chef Falkner. Im Schnitt befinden sich gut 15.000 Menschen auf den Pisten.
Trotz des hohen Preisniveaus sei Sölden auf die Masse ausgerichtet, in Obergurgl und Hochgurgl gehe es etwas elitärer zu. Laut Schwarz gibt es dort über 20 4- bzw. 5-Sterne-Hotels.
Die Tiroler Touristiker haben im Vorjahr insgesamt 7 Mrd. Euro umgesetzt. In der Gastronomie und Hotellerie sind rund 35.000 Menschen beschäftigt, in der gesamten touristischen Dienstleistungskette rund 100.000.