Der größte deutsche Reiseveranstalter TUI senkt angesichts der Nachfrageflaute die Preise für Mittelstrecken- und Fernreisen in der kommenden Wintersaison im Durchschnitt um 5 Prozent. Aufgrund der Wirtschaftskrise achten die Urlauber besonders stark auf den Preis, sagte TUI Deutschland-Chef Volker Böttcher bei der Vorstellung der Winterkataloge am 26. Juni in Hamburg. Zugleich hat TUI aber - wie andere Veranstalter auch - die Kapazitäten gegenüber dem Vorjahr verringert, um einem Überangebot und einem größeren Preisrutsch vorzubeugen.
Ob die Preise auch in Österreich sinken werden, wollte TUI Österreich heute nicht kommentieren. Kommenden Donnerstag findet in Wien die Katalogpräsentation für den Winter 2009/2010 statt.
Besonders hoch fallen die Preisabschläge in Tunesien (8 Prozent), in Portugal, auf den Balearen (7 Prozent), den Kanaren, dem Spanischen Festland und in Italien (6 Prozent) aus. Auf der Fernstrecke werden insbesondere asiatische Ziele wie Sri Lanka, Thailand, China, Indien (jeweils 10 Prozent), Singapur (12 Prozent) sowie Kuba (6 Prozent) und Südamerika (7 Prozent) deutlich günstiger. "Das sind sehr gute Nachrichten für alle Urlauber und konkrete Kaufanreize, die dem Wintergeschäft sicher gut tun werden", sagte Böttcher.
TUI Deutschland hat für den Sommer bisher 10 Prozent minus bei den Buchungen und minus 12 Prozent beim Umsatz hinnehmen müssen.
Wie die Stiftung für Zukunftsfragen in Hamburg mitteilte, können sich viele Deutsche keine Reise leisten. "Viele Deutsche sind verunsichert und wissen nicht mehr, ob sie sich eine Urlaubsreise überhaupt noch leisten können", so der Experte Ulrich Reinhardt. Im vergangenen Jahr hätten 52,1 Prozent der Deutschen eine Urlaubsreise unternommen. Bei der Frage nach den Motiven für den Reiseverzicht nennen 56,2 Prozent finanzielle Gründe, weit mehr als gesundheitliche (18,9 Prozent) oder familiäre (16,1 Prozent) Einschränkungen. Für die Studie wurden 4.000 Menschen nach ihrem Urlaubsverhalten 2008 und ihren Reiseabsichten 2009 befragt.
Potenzial für Sommer-Reisegeschäft
Die Reiseplanungen für den Sommer liegen laut deutscher Marktforschung aktuell rund 5 Prozent unter dem Vorjahr. Gleichzeitig aber gibt es noch ein Restpotenzial von fast 14 Millionen reisewilligen Deutschen, sagte Böttcher im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa. Das deute auf ein starkes Kurzfristgeschäft hin. "Wir wissen, dass sich vor allem Paare noch für Flugreisen ans Mittelmeer entscheiden werden. Davon werden vor allem Spanien und Griechenland profitieren, wo noch genügend Restkapazitäten zur Verfügung stehen", glaubt der TUI-Boss.
TUI hat als Reaktion auf die schwache Nachfrage Kapazitäten gekürzt und verzichtet auf Umsatz, um das Ergebnis zu retten. Zum Schutz seiner Marge nimmt das Unternehmen den Verlust von Marktanteilen in Kauf. "Wir könnten damit leben, wenn der bisher große Abstand zur Konkurrenz etwas abschmilzt", sagte Böttcher heute bei der Vorstellung des neuen Winterkatalogs in Hamburg. "Marge geht vor Menge." In Erwartung mauer Buchungen hat TUI Deutschland für den kommenden Winter die Zahl der Flugplätze um 4 Prozent reduziert, die das Unternehmen den Fluglinien garantiert abnehmen will. Es werde sich zeigen, wie ertragreich der Kurs von Konkurrenten sein werde, die - anders als TUI und Verfolger Thomas Cook - die Kapazitäten nicht deutlich gesenkt haben. Im Kampf um Marktanteile hatte der drittgrößte Anbietern Rewe sein Angebot ausgeweitet.
In der kommenden Wintersaison wird TUI die Preise um 5 Prozent senken. Das Unternehmen begründet dies mit besseren Einkaufskonditionen und geringeren Kerosinpreisen. Selbst wenn die Nachfrage weiter zurückgehen würde, glaubt Böttcher nicht an einen dramatischen Preisrutsch. "Ich gehe fest davon aus, dass die meisten Reiseveranstalter - so wie wir - die Kapazitäten für den Winter eher vorsichtig geplant haben. Dadurch sinkt der Vermarktungsdruck und damit auch die Not, Reisen zu verramschen."
TUI Deutschland hat 1.800 Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt und die leitenden Angestellten bekommen 5 Prozent weniger Gehalt. Für weitere Kostensenkungsschritte sieht Böttcher noch Spielraum. Die wesentlichen Schritte seien längst eingeleitet worden. Die derzeit laufende Einführung eines flexiblen Buchungssystems werde beispielsweise die IT-Kosten senken. Parallel dazu laufen in allen Bereichen umfangreiche Maßnahmen zur Verbesserung von Arbeitsabläufen, so Böttcher zur dpa. "Das Besondere daran ist, dass wir dies ganz ohne teure Unternehmensberater schaffen - wenn Sie so wollen, eine Art Erneuerungsprozess von innen heraus."