Österreich-Analyst sieht "Restrisiko" trotz negativer Erfahrung in 2008.
S&P-Analyst Alois Strasser, bei Standard & Poor's für Österreich zuständig, warnt die österreichischen Politiker, vor der Nationalratswahl im Herbst ähnlich wie 2008 wieder "Wahlzuckerln" zu verteilen. "Das könnte sich negativ auf den Ausblick auswirken", sagte Strasser am Freitag. Erst vor gut zwei Wochen hatte S&P den Ratingausblick für die Republik von "negativ" auf "stabil" angehoben.
"Restrisiko"
Den österreichischen Politikern stecke zwar das "September-Parlament 2008" noch in den Knochen, dennoch bestehe ein gewisses "Restrisiko", so die Einschätzung von Strasser. Zwar würden auch der Bundeskanzler und die Finanzministerin betonen, dass die Einhaltung des Budgetpfades erste Priorität habe, der Experte rechnet aber dennoch damit, dass es zumindest kleinere Wahlzuckerln geben könnte. "Je nach Größe werden wir uns das genau anschauen", so Strasser. Wann Österreich das Triple-A von S&P wieder zurückbekommt, sei momentan noch nicht abschätzbar. Der "stabile" Ausblick sei schon auch sehr wichtig. "Österreich hat ökonomisch doch sehr gut auf die Krise reagieren können", so Strasser.
Im September 2008 hatte der Nationalrat vier Tage vor der Wahl unter Beteiligung aller Parteien eine Reihe von "Wahlzuckerln" beschlossen: Es wurden u.a. die Hacklerregelung verlängert, die Familienbeihilfe aufgestockt, die Studiengebühren abgeschafft, Pflegegeld und Pensionen erhöht und die Mehrwertsteuer auf Medikamente gesenkt. Ein Gutteil der Maßnahmen musste bei den Sparpaketen 2010 und 2012 aber wieder zurückgenommen werden: So wurde die 13. Familienbeihilfe weitgehend gestrichen, die Hacklerregelung stark eingeschränkt und für neue Pensionisten eine einjährige Wartezeit auf die erste Pensionserhöhung eingeführt.
Als Lehre aus dem "September Parlament 2008" würden sich die Politiker es sich jetzt schon zwei oder drei Mal überlegen, bevor sie eine Maßnahme beschließen, und sich auch die Finanzierung ansehen, glaubt Strasser. Zumal sich die Regierung ja auch an die im Finanzrahmen verankerten Ausgabenobergrenzen halten müsse.
Schuldenbremse
Hinsichtlich der EU-weit vereinbarten Schuldenbremse geht Strasser davon aus, dass sich alle - Bund, Länder und Gemeinden - daran halten werden. Immerhin sei das ja eine internationale Verpflichtung. Begrüßt wird von ihm die mit Jahresbeginn 2013 eingeführte doppelte Buchführung auf Bundesebene. Auch einige Länder - Steiermark, Salzburg und das Burgenland - wollen folgen. Das sei gut für Politiker und Bürger. "Es geht immer darum, Transparenz zu gewährleisten. Jeder Lehrling lernt doppelte Buchführung in der Berufsschule und kennt sich da aus", so Strasser.
Mit dem zwischen Bund, Ländern und Gemeinden vereinbarten Spekulationsverbot wollte man laut Strasser "wohl ein Zeichen setzen". Es sei aber ein Schritt in die richtige Richtung. Strasser geht davon aus, dass es in Österreich auf kommunaler Ebene noch viele Spekulationsfälle gibt, die nicht ausreichend verstanden werden. "Wir wissen nicht, was gemacht wird", spricht Strasser die fehlende Transparenz an. "Im Grunde geht es immer darum, hat man verstanden, dass es auch zu Verlusten führen kann oder übersieht man das, weil es anfangs Erträge gegeben hat", so der Analyst.