Handynetze

Wer weniger zahlt, fliegt aus dem Netz

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Handynetzbetreiber überlegen neue Strategien im Kampf um die Kundschaft. Wer weniger zahlt, soll künftig eher aus dem Netz fliegen können.

Wer einen günstigen Handytarif hat, fliegt bei drohender Auslastung aus dem Netz. "Gute Kunden" erhalten hingegen einen VIP-Zugang. Solche "differenzierten Services" könnten den Mobilfunkern einen Ausweg aus dem harten Preiskampf ermöglichen, heißt es in einer aktuellen Einschätzung des Unternehmensberaters Arthur D. Little (ADL).

Harte Zeiten für Handynetzbetreibern
Steigende Kosten für den Netzwerkausbau, abnehmende Verbindungsqualität durch knapper werdende Kapazitäten - und das bei stagnierenden oder sogar sinkenden Umsätzen: Den Handynetzbetreibern stehen anscheinend harte Zeiten bevor. Die Modelle der Luftfahrtindustrie - Sitzplätze erster und zweiter Klasse sowie spezielle Services für Vielflieger - sollten deshalb auch in der mobilen Welt ihre Anwendung finden, gab sich Karim Taga, Chef der österreichischen ADL-Niederlassung, überzeugt.

Strategie muss überdacht werden
Die Mobilfunkindustrie versuche seit einiger Zeit mit Pauschaltarifen im Konkurrenzkampf zu punkten und gleichzeitig die Nachfrage nach mobilem Breitbandinternet zu stimulieren. Zum gleichen (monatlichen) Preis so lange am Handy reden oder surfen wie man will, sei zwar für die Kunden attraktiv. Die Mobilfunker könnten sich dadurch aber nur mehr über den Preis differenzieren. Außerdem würde der durchschnittliche Umsatz pro Kunde (ARPU) durch die Pauschaltarife bestenfalls stagnieren. Die Strategie, jedem Nutzer den bestmöglichen Zugang zum Netz zu ermöglichen, müsse daher überdacht werden.

"Klein geraten Shrimps"
"Jeder will immer alles haben und möglichst wenig dafür bezahlen. Solche Kunden müssen akzeptieren, dass das Netz ab und zu steht. Denn die Betreiber haben bereits Kapazitätsprobleme", so Taga. In anderen Bereichen sei eine entsprechende Segmentierung bereits durchaus akzeptiert. "Wer sich für das günstige 'All-you-can-eat'-Buffet entscheidet, darf sich nicht über zu klein geratene Shrimps beschweren", sagte Taga. In Zukunft würden die Anwender wählen können, ob sie einen "Priority-Zugang" zum Mobilfunknetz oder extensive Breitbandnutzung am Handy wirklich brauchen, glaubt ADL.

Wer wenig zahlt fliegt raus
Den Geschäftskunden mit teurerem Tarif sollten die Betreiber beispielsweise bessere Sprachverbindungen und höhere Übertragungsraten bieten oder garantieren, dass sie - durch Roaming-Vereinbarungen mit anderen Anbietern - immer online sind. "Wenigzahler" würden hingegen bei einer Überlastung als erste aus dem Netz fallen und mit schlechterer Sprachqualität telefonieren. Technisch betrachtet gebe es im GSM-Netz 16 Prioritätsstufen, die als Marketingansatz genutzt werden könnten, erklärte Taga.

Netzwerkqualität als Kaufkriterium
Denn als entscheidende Kaufkriterien würden - besonders von Kunden der Ex-Monopolisten - noch immer Netzwerkqualität und -abdeckung genannt. "Wenn in der Flughafen-Lounge die Verbindung abbricht, wechselt man nicht gleich den Betreiber. Aber vielleicht wären manche ja bereit, etwas dafür zu bezahlen, damit das nicht mehr passiert", vermuten die Berater. Über eine entsprechende "Differenzierung" der Servicequalität würden einige Mobilfunker jedenfalls bereits nachdenken.

Anstieg der Ausgaben
Laut einer Studie des Unternehmensberaters Arthur D. Little für den Technologie-, Medien- und Telekommunikationssektor (TMT) werden die durchschnittlichen monatlichen Ausgaben der europäischen Haushalte für Telekommunikation laut den Angaben von 83,6 Euro im Vorjahr auf 91,2 Euro im Jahr 2012 steigen. Ein deutliches Plus bei Daten- und Internetprodukten soll dabei einen leichten Rückgang der Mobiltelefonie sowie ein deutliches Minus bei der Festnetztelefonie mehr als kompensieren. Insgesamt erwarten die Studienautoren ein durchschnittliches jährliches Umsatzwachstum im TMT-Sektor von 3,8 Prozent bis 2012. Bis zum Jahr 2012 soll zudem rund die Hälfte der europäischen Bevölkerung mobil im Internet surfen.

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