Interview

Alles über Kottans Auferstehung

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Der Kult-Regisseur Patzak über den neuen „Kottan ermittelt – rien ne va plus“.

Am 6. Dezember 1984 hatte die letzte Folge der Krimiserie „Kottan ermittelt“ ORF-Premiere. Jetzt, 26 Jahre später, übersiedelt der Kult-Kiberer Kottan ins Kino. Peter Patzak drehte mit „rien ne va plus“ einen Wien-Thriller voll schwarzem Humor. Ein Gespräch mit dem Regisseur.

ÖSTERREICH: Wie war es, Kottan nach 27 Jahren auf dem Set wiederzubegegnen?
PETER PATZAK: Schnittlos. Lukas Resetarits und ich haben uns angesehen, die erste Szene probiert, und es war eigentlich genau so wie damals, als wir aufgehört haben. Das hat mich überrascht. Natürlich gab es aber auch Veränderungen, auf die wir reagieren mussten. In den Achtzigern war Resetarits als Kottan der jüngste im Team – jetzt ist er quasi der älteste. Es wäre peinlich, die Aggression und die Kraft, die er damals mit Ende 20 ausstrahlte, heute noch zu zeigen, denn es ist ja viel passiert in seinem Leben. Resetarits, der Kottan III, hat im neuen Film fast das Lakonische von Franz Buchrieser, dem Kottan II, übernommen. Ich empfinde das als große Qualität. Lukas spielt heute eine wesentlich abgeklärtere Figur.

ÖSTERREICH: Was waren die großen Hürden bei diesem Projekt?
PATZAK: Inhaltlich ging es darum, einen heutigen Film zu machen. Das gilt für die angesprochenen Themen, auch auch formal: Wir wollten einen jungen Film machen – so, wie die Kottan-Filme damals auch junge Filme waren. Dann war es eine große Aufgabe, für die verstorbenen Hauoptdarsteller Kurt Weinzierl, Walter Davy und Curth A. Tichy hochqualitative Schauspieler zu finden, die nicht ihre verstorbenen Vorgänger kopieren, sondern – mit großem Respekt – etwas Eigenes entwickeln.

ÖSTERREICH: War das Casting einfach?
PATZAK: Es gab kein Casting. Udo Samel als Polizeipräsident Pilch, Johannes Krisch als Schremser und Robert Stadlober als Schrammel waren meine absolute Idealbesetzung, die ich erträumt hatte. Alle drei haben sofort ja gesagt.

ÖSTERREICH: Warum hat es 27 Jahre gedauert, bis ein Kinofilm auf die TV-Serie folgte?
PATZAK: Nach dem gewaltsamen Stopp der Serie 1984 durch den ORF trat bei uns erst einmal eine gewisse Agonie ein. In den Neunziger Jahren war mir dann schon klar, dass man das gewaltige Potenzial dieser Figuren wieder nutzen muss. Doch es folgte für ein paar Jahre eine zähe Geschichte mit deutschen Produktionsfirmen, die aus „Kottan ermittelt“ so etwas wie „Space Cowboys“ machen wollten. Das machte für mich nicht viel Sinn, denn ich denke, die Figuren müssen in Wien zu Hause sein. Diese Wurzeln müssen erhalten bleiben. Es war schlussendlich nicht leicht, aber auch nicht extrem schwer, die Finanzierung für unseren Film aufzustellen. Wir haben aber mit einem wirklich knappen Budget gedreht. Der ökonomische Rahmen war ein enger Gürtel.

ÖSTERREICH: Was erwarten Sie vom Film? Lässt sich der Achtziger-Jahre-Hype heute wieder herstellen?
PATZAK: Das kann ich nur hoffen. Ich muss aber schon darauf hinweisen, dass Kottan nicht sofort zur Legende wurde – vor allem um die ersten Filme gab es schwere Kontroversen. „Kottan ermittelt“ war keine bestellte Serie, sondern wir mussten nach jedem 90-Minuten-Film bangen, ob es überhaupt weitergeht. Nach dem ersten Film mit Peter Vogel – als Kottan I auch eine Idealbesetzung -  war es sehr fraglich, ob wir jemals einen zweiten drehen könnten. Das hat damals ein ganzes Jahr gedauert. Es kann auch jetzt Leute geben, bei denen der neue Film möglicherweise auf Ablehnung stößt.

ÖSTERREICH: Viele Kinogeher sind sehr jung. Ist Kottan auch bei der jungen Generation ein Begriff?
PATZAK: Absolut ja. Als vor drei Jahren die „Kottan ermittelt“-DVDs herauskamen, standen sie an oberster Stelle der Charts. Und Kottan ist in den Sprachgebrauch eingegangen. Man liest etwa sehr oft von kottanesken Polizeiaktionen. Die Kottan-Fans, die sich einmal im Jahr in Wien treffen und Motive abschreiten, sind nicht in meinem Alter, sondern um die 30.

ÖSTERREICH: Die Stadt Wien ist in Ihrem Film so strahlend schön zu sehen, wie man das nur ganz selten erlebt.
PATZAK: Nun, das graue Wien ist nur noch selten anzutreffen, da sind die Renovierungswellen drüber gefahren. Ich zeige einen Querschnitt durchs Milieu von der Bassena-Wohnung, wo ein Finanzspekulant wohnt, bis zum Schloss Schönbrunn, wo wir – als ironische Behauptung -  die Polizeidirektion untergebracht haben. Das heutige Wien ist eine tolle Stadt, und die bekommt man auch zu sehen.

ÖSTERREICH: Der Thriller dreht sich um Finanzspekulation und ein Pyramidenspiel.
PATZAK: Der Plot mit dem Pyramidenspiel stammt aus dem ersten Minni-Mann-Roman von Helmut Zenker, dem verstorbenen Kottan-Erfinder. Ich habe mich dann in München selbst bei Pyramidenspiel-Veranstaltungern eingeschleust, um zu sehen, wie so etwas abläuft. Das hat ja etwas Kultisches. Die Leute werden in die Sache hineingetrieben.

ÖSTERREICH: Steht die Thriller-Handlung im Vordergrund des Films oder geht es mehr um die Figuren?
PATZAK: Klarerweise Zweiteres. Das war bei den Kottan-Filmen immer so, und das macht auch ihre so genannte Außenseiter-Stellung aus. Der Krimi-Plot ist genau durchdacht, aber er ist nicht das Hauptthema. Es geht um die Figuren, aber auch um Gier, Eifersucht und Korruption. Oder um die Polizei und die Frage, was passiert innerhalb des Polizei-Systems. Der Film ist auch ein Statement zur Politik oder zum Zustand der Gesellschaft.

ÖSTERREICH: Gibt es prinzipiell die Idee, einen zweiten Kottan-Kinofilm zu drehen?
PATZAK: Im Moment ist bei allen Beteiligten die Erschöpfung zu groß, um zu sagen, da kann man gleich weitermachen. Jetzt muss sich erst ein bisschen Ruhe einstellen. Wir hatten eine mörderisch knappe Fertigstellungszeit. Von den Drehvorbereitungen bis heute gab es keinen Tag und keine Nacht, in der nicht voller Druck geherrscht hätte.

Kottan ermittelt.
Mit Lukas Resetarits, Udo Samel. Ab 3. 12. im Kino.

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