Festivalleiter in Erklärungsnot

Fimfestival Cannes: Ärger vor Eröffnung

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Noch vor der Eröffnung am Dienstag, 14.5., gab es Wirbel um Frauenthemen.

Am Ende eines Filmfestivals kann man sich schon wie ein Zombie fühlen. Schließlich schaut man in wenigen Tagen zahllose Filme und verkriecht sich dafür lange in Kinosälen fern vom Tageslicht. Bei den Festspielen in Cannes haben die Zombies heuer Jahr aber deutlich früher ihren großen Auftritt: Schon im Eröffnungsfilm "The Dead Don"t Die" schwanken Untote wie Musikikone Iggy Pop über die Leinwand.

Viele Stars

Für seine Komödie konnte Regisseur Jim Jarmusch viele Stars gewinnen, von denen am Dienstagabend, 14.5., auch mehrere auf dem roten Teppich vor dem Premierenpalast erwartet wurden: Bill Murray, Chloe Sevigny und "Star Wars"-Bösewicht Adam Driver gehen darin als Polizisten auf Zombiejagd, während Tilda Swinton die Schwert schwingende Bestatterin gibt, die sich gegen die Untoten bestens zur Wehr setzen kann. Selena Gomez und Steve Buscemi müssen sich ebenfalls in Sicherheit bringen, Tom Waits hingegen taucht als bärtiger Waldschrat auf. Sie alle sind bereits im Trailer zum Film zu sehen, der auch vermuten lässt, dass es sich hier um kein gruseliges Gemetzel handelt. Jarmuschs Version der Apokalypse scheint demnach durchaus schräg und humorvoll. (Der Cast ist oben im Bild zu sehen).
 

Alain-Delon-Preis

Doch bevor die von Fans sehnsüchtig erwartete Zombie-Komödie am Abend das Festival eröffnen konnte, musste Festivalleiter Thierry Fremaux gleich zu mehreren Kontroversen Stellung beziehen - und sorgte mit seinem Auftreten mitunter für Irritation. Warum Alain Delon (83) die Ehrenpalme bekommt, obwohl er in einem TV-Interview unter anderem zugab, früher seine Frau geschlagen zu haben? Die Frage danach versuchte Fremaux zu unterbinden und griff den fragenden Journalisten persönlich an: "Ich weiß nicht, was Sie in Ihrem früheren Leben gemacht haben."

Verwunderlich

An der Palme für Delon hielt er jedenfalls fest. "Wir geben ihm ja nicht den Friedensnobelpreis." Diese Reaktion ist verwunderlich, hatte sich das Festival im vergangenen Jahr doch mit der #MeToo-Bewegung solidarisch gezeigt und "Null Toleranz gegenüber sexuellem Missbrauch und Missbrauch jeglicher Art" geschworen.

Gleichstellung 

Auch Fragen nach der Gleichstellung von Frauen reizten Fremaux spürbar - von 21 Wettbewerbsfilmen stammen gerade einmal vier von Frauen (einer von der Österreicherin Jessica Hausner, Anm.). Die im vergangenen Jahr verabschiedete Erklärung "5050 in 2020", wonach bis 2020 ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis herrschen soll, gelte nur für das Festival intern, erklärte Fremaux nun. "Es wäre ein Zeichen von Respektlosigkeit, einen Film nur auszuwählen, weil er von einer Frau stammt."
 
Inwiefern diese Themen auch während des Festivals für Debatten sorgen werden, bleibt offen. Die Jury um den mexikanischen Oscar-Preisträger Alejandro Gonzalez Inarritu ("The Revenant") hofft jedenfalls darauf, von den Filmen im Wettbewerb emotional mitgerissen zu werden. "Ich möchte versuchen, die Filme so anzuschauen, als wüsste ich nicht, wer Regie geführt hat", sagte der Mexikaner in Cannes. Weder bekannte Regie-Namen noch das Geschlecht der Filmemacher sollten eine Rolle spielen. "Wir sollten die Filme selbst bewerten."
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