Der neue Glavinic

Ein Leben zwischen Drogen & Frauen

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„Der Jonas-Komplex“ heißt Thomas Glavinics neues literarisches Meisterwerk.

Roman
Mit 14 war er schon 1,85 und auf dem Weg zum lokalen Schachgenie. Bei Sturm Graz hat er Fußball gespielt und im Grazer Wirtshaus Graba 42 nächtelang Wodka getrunken. Als er einmal in nicht ganz nüchternem Zustand eine Klotür aus dem Fenster warf, flog er aus der Schule.

Kraftlackl

Der aus Graz gebürtige Bestsellerautor Thomas Glavinic, der ausschaut wie eine Figur aus einem Tarantino-Film, ist ein Kraftlackl mit kahl geschorenem Kopf und einem Blick, von dem die Johanniter, für die er kurz arbeitete, sagten, ihm fehle irgendwie das ­Karitative. Trotzdem ist er sympathisch und witzig, und seine bizarren Bücher – seit 1998 zehn Romane, die gern als moderne Schauermärchen daherkommen – erfreuen durch stets über­raschende Sujets, überbordende Ironie und beißende Medienkritik. Glavinic zählt zu den wichtigsten und innovativsten Schriftstellern seiner Generation.

In Der Kameramörder erzählt ein Schwerverbrecher, wie er Kinder zum Selbstmord gezwungen und gefilmt hat. Das bin doch ich ist ein komisches Buch über ­einen neurotischen Schriftsteller namens Thomas Glavinic, der darauf wartet, dass sein Roman für den Deutschen Buchpreis nominiert wird, was dem realen Glavinic auch tatsächlich gelang. In Die Arbeit der Nacht wacht ein Mann mit dem ­biblischen Namen Jonas auf und erkennt, dass er der letzte Mensch auf Erden ist.

Ein Wunschkonzert, das zum Horrortrip wird

Das Leben der Wünsche beginnt damit, dass ebendieser Jonas einem Mann begegnet, der ihm die Erfüllung von drei Wünschen garantiert, die im Verlauf des Romans ein unkontrollierbares Eigenleben führen. Ein Wunschkonzert, das zum Horrortrip wird.

Eingeweide
Lisa ist eine mysteriöse Serienmörderin, von der man nur die DNA kennt. In Polen hat sie drei Adelige aufgehängt, in Frankreich einen alten Mann in einem Topf mit seinen eigenen Eingeweiden erstickt und in Bulgarien einen kasachischen Fußballspieler gekocht. Unterwegs im Namen des Herrn ist die irrwitzige Reportage einer grotesken Pilgerfahrt mit dem Bus auf den Balkan, die der Autor, dessen Vater Bosnier ist, selbst unternommen hat. Schon die 14-stündige Busfahrt bei 40 Grad in den bosnischen Wallfahrtsort Medjugorje, wo drei Hirtenkindern die Jungfrau Maria erschienen ist, treibt Glavinic und seinen Freund Ingo, einen Fotografen mit dem Aussehen eines Schwerverbrechers, in den Wahnsinn.

Das größere Wunder ist ein literarisches Meisterwerk, das in die gefährliche Wunderwelt des Extrembergsteigens führt und schon der dritte Glavinic-Roman, der für den Deutschen Buchpreis nominiert war. Ebenfalls zum dritten Mal ist Jonas der Held, wobei es sich nicht um „idente Figuren im eigentlichen Sinn“ handelt, wie Glavinic erläutert, denn Jonas hat jedes Mal einen anderen Beruf und eine andere Lebensgeschichte. Diesmal nimmt er an einer Expedition zum Gipfel des Mount Everest teil.

Glavinic auf Lesereise durch Österreich

Am Donnerstag erscheint das elfte Wunderwerk von Glavinic: Der Roman Der Jonas-Komplex, der vierte mit Jonas im Zentrum, schildert ein Jahr im Leben eines Autors zwischen Drogen, Alkohol und Frauen, ein Abenteuer, das Jonas und seine große Liebe Marie bis zum Südpol führt, und einen 13-jährigen Buben, der Schach spielt, um seinem Alltag zu entfliehen.

„Wer wir sind, wissen wir nicht“, heißt es da. „Beim letzten Durchzählen kam ich auf mindestens drei Personen, die jeder von uns ist. Erstens die, die er ist, zweitens die, die er zu sein glaubt, und drittens die, für die ihn die anderen halten sollen.“

Tarantino
Dazu gibt es Personal wie aus einem Tarantino-Film: Einen Anwalt der Hells Angels, einen Wing-Tsun-Großmeister und eine Mörderin, welche die Leichen ihrer Liebhaber mit einer Kettensäge zerlegt.

Nach einer Lesereise quer durch Deutschland präsentiert Thomas Glavinic seinen Roman am 29. März im Wiener Rabenhof, am 12. April in Innsbruck, am 15. April im Wiener MuseumsQuartier, am 18. April im ­Literaturhaus Salzburg und am 19. April in Linz.

E. Hirschmann-Altzinger

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