Wiener Philharmoniker

Neujahrskonzert: Nelsons rührte kräftig in der Wiener Ursuppe

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41-jähriger Lette debütierte mit Opulenz 

Andris Nelsons hat sein Debüt als Dirigent des Neujahrskonzerts mehr als souverän bestanden. Der Lette hatte kräftig in der Wiener Ursuppe gerührt und den Rezepten der Strauß-Dynastie opulente Würze verliehen. Jubilare zu feiern gab es für die Wiener Philharmoniker auch diesmal genug: Neben dem 150. Jahrestag des Musikvereinsgebäudes selbst auch Ludwig van Beethoven und die Salzburger Festspiele.
 
Es dürften keine ungetrübten Proben für den 41-jährigen Dirigenten gewesen sein. Erst vor einem Monat war sein Mentor und Landsmann Mariss Jansons gestorben, der bereits drei Mal das Neujahrskonzert dirigiert hatte, zuletzt 2016. Nelsons, den Wiener Philharmonikern schon zuvor künstlerisch eng verbunden, antwortete von Beginn an mit der im Vorfeld angekündigten Lebensfreude: Carl Michael Ziehrers Ouvertüre zur Operette "Die Landstreicher" erfüllte den Goldenen Saal mit positiver Wucht.
 

Große Klangwolke

Auch danach hatte Nelsons immer die große Klangwolke im Sinn. Wenn er etwa bei der Italien-Hommage "Wo die Citronen blüh'n" (Johann Strauß Sohn) Ritardandi auskostet, oder bei Franz von Suppes Ouvertüre zur Operette "Leichte Kavallerie" die Sporen einsetzt. Der Lette bewies sich stets als Meister der Dynamik, der auch über seine Rolle am Pult hinaus gerne ins Geschehen eingreift und bei Hans Christian Lumbyes "Postillon-Galopp" selbst zur Trompete greift, bejubelt vom prominenten Publikum des Vormittags, darunter Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein mit dem schwedischen Ministerpräsidenten Stefan Löfven, Bundespräsident Alexander Van der Bellen und sein Amtsvorgänger Heinz Fischer oder Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) mit seinem kroatischen Amtskollegen Gordan Jandrokovic.
 
Neujahrskonzert: Nelsons rührte kräftig in der Wiener Ursuppe
© APA/HERBERT NEUBAUER
 
Nicht nur das Strauß-Gestirn und dessen musikalische Nachbarn standen im Zentrum des Geschehens. Beethoven, dessen Geburtstag sich heuer zum 250. Mal jährt, war mit einer Auswahl seiner "12 Contretänzen" vertreten - die auffallend fragil dargeboten wurden. An die Gründung des Musikvereins wurde gleich mit mehreren Stücken erinnert, etwa mit dem Walzer "Freuet Euch des Lebens" von Strauß Sohn. Mit dem Walzer "Liebesgrüße" des heuer vor 150 Jahren verstorbenen Bruders Josef grüßte man unterdessen die Salzburger Festspiele.
 

Mit Bombast

Auch durch die traditionellen Zugaben führte der Philharmonikerliebling Nelsons mit Souveränität und wohldosiertem Bombast - auch wenn der Neujahrskonzertdebütant vor dem "Donauwalzer" beinahe das traditionelle "Die Wiener Philharmoniker und ich wünschen Ihnen Prosit Neujahr" vergessen hätte. Dennoch kitzelte er zum Schluss die letzten Nuancen aus dem Strauß-Klassiker, schob beim "Radetzky-Marsch" noch einmal kräftig beim Tempo an und schickte das Publikum so akustisch berauscht ins neue Jahr. Dass es nicht der letzte Auftritt des noch relativ jungen Pultstars gewesen sein wird, dürfte relativ fix sein. 2021 wird es aber zumindest keinen Folgeeinsatz für den Dirigenten geben, gaben die Philharmoniker doch am Vormittag bekannt, dass im kommenden Jahr bereits zum sechsten Mal Riccardo Muti den Taktstock beim Neujahrskonzert schwingen wird.
 
Heuer übertrag bereits zum 62. Mal der ORF das Neujahrskonzert live in die Welt, wobei diesmal insgesamt 14 Kameras zum Einsatz kommen. Der Pausenfilm widmete sich ebenfalls dem Jahresregenten Beethoven. Die Choreografie der zwei bereits im Sommer gefilmten Balletteinlagen des Wiener Staatsballetts stammt vom Spanier Jose Carlos Martinez, der ebenfalls sein Neujahrskonzertdebüt gab. Er ließ zum Walzer "Seid umschlungen, Millionen" von Johann Strauß Sohn im Winterpalais des Prinzen Eugen tanzen.
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