Theaterkritik

Nicholas Ofczarek als Urviech

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Starke Premiere von Tennessee Williams’ "Endstation Sehnsucht".

Er hat kurz geschnittene Haare, lässt seinen Bauch heraushängen und brüllt im Falsett, wenn ihm etwas nicht passt. Nicholas Ofczarek ist Stanley Kowalski. Der Prolet, der Tyrann, der Gewalttäter. Der auch ganz zahm sein und wie ein kleiner Hund winseln kann, wenn er seine Ehefrau Stella um Vergebung seiner groben Auszucker anfleht. Ofczareks Performance in Tennessee Williams’ Südstaaten-Drama Endstation Sehnsucht ist eindrucksvoll und bedrückend. Einziges Manko: Da er die Figur so durch und durch hässlich verkörpert – Marlon Brando war in der Verfilmung nicht nur ein Urviech, sondern auch ur-fesch –, wird einem nicht ganz klar, weshalb Stella sich zu Stanley so hingezogen fühlt.

Erlebnis
Ein Erlebnis auch Dörte Lyssewski als Stellas Schwester Blanche DuBois. Der leicht arrogante, poetisch verspielte, tief gefallene Engel. Die nach Liebe und Alkohol dürstende Ex-Gutsbesitzerin, die alles verloren hat. Sie sucht bei Stella Unterschlupf, wird aber von Schwager Stanley ruiniert – verhöhnt, gemobbt und vergewaltigt.

Atmosphäre
Dieter Giesings solide Inszenierung auf Karl-Ernst Herrmanns (zu) cooler Loft-Bühne hatte suggestive Momente, ließ den Schauspielern viel Raum, unterschlug aber die hitzige, schwitzige Atmosphäre, wie sie etwa Peter Zadek in Williams’ Nacht des Leguan (2002, Akademietheater) so unvergesslich heraufbeschworen hatte.

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