Kritik

Der Telefon-Seelsorger und die Lust am Tod

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Uraufführung im Wiener Akademitheater: Christiane Pohle inszenierte Gert Jonkes "Freier Fall" mit Markus Hering und Libgart Schwarz.

Zum dritten Mal nach der Chorphantasie (2003) und der Versunkenen Kathedrale (2005) schrieb Gert Jonke, einer der bedeutendsten österreichischen Gegenwartsdichter, ein Stück für das Burgtheater.

In Freier Fall lernen wir den Telefon-Seelsorger Erich (Markus Hering) kennen. Erich hat über Abertausende von Jahren Abertausende Existenzen gefristet, die er jeweils durch diverse Formen des Selbstmords beendete (vorsätzliches Erfrieren, sich in die Luft sprengen). In Christiane Pohles Inszenierung hängen, verteilt über die Feuermauer des Akademietheaters, in Plastiksackerln verwahrte Handyfilme als Zeugnisse der mannigfachen Suizide (Bühne: Maria-Alice Bahra). Diese Filme zieht Erich zu Rate, wenn er en détail über die Arten, aus dem Leben zu scheiden, referiert.

Halbherzige Unterstützung erhält er vom phlegmatisch aus seinem mausgrauen Anzug schielenden Bertl (Johannes Krisch), dessen Lockenpracht an den jungen Herbert Prohaska und dessen Artikulation an Toni Polster erinnert.

Verworren
Dann wird’s verworren: Erich und seine große Liebe Siedu (Libgart Schwarz) finden sich, nachdem sie als Adam und Eva der Neuzeit ihre mit Werbesprüchen vollgekritzelten Körper erkundet haben, in der Zukunft wieder, wo sie eine Horde Zukunftskauderwelsch sprechender Soldaten bedrängt.

Eine Handlung, die wirkt, als sei sie Zeitnot geschuldet, und die auch Christiane Pohles bis zu diesem Zeitpunkt witzige Regie nicht zu retten vermag.

Die nächsten Termine: 26. 5., 30. 5., 1., 4., 14., 19., 30. 6. www.burgtheater.at

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