Aufruhr

Film entzaubert türkischen Staatsgründer Atatürk

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Wie kein anderer Film sorgt eine neue filmische Darstellung Kemal Atatürks in der muslimischen Welt für Wirbel.

Kemal Atatürk: Eiskalter Stratege, visionärer Staatsmann und strenger Vater der Nation: So sehen die Türken den Staatsgründer. Doch zum 70. Todestag des großen Mannes Anfang November zeigte ein neuer Dokumentarfilm den "Vater der Türken" in einem ganz neuen Licht. In "Mustafa" ist Atatürk ein einsamer Mann, der sich vor der Dunkelheit fürchtet, er ist ein Trinker und ein Kettenraucher. "Mustafa" ist ein riesiger Publikumserfolg in den Kinos - doch streng-säkuläre Atatürk-Anhänger sehen in dem Film den Versuch, Atatürk zu demütigen, um so die von ihm gegründete Republik anzugreifen.

Neugier
Totaler Run auf die Kinos: Fast eine halbe Million türkische Zuschauer sahen "Mustafa" in nur fünf Tagen. Für seine Recherchen erhielt der Journalist und Filmemacher Can Dündar unter anderem Zugang zu geheimen Archiven des Präsidialamtes und des Generalstabs in Ankara. Dündar zeichnet Atatürks Leben von seiner Geburt 1881 im heute griechischen Thessaloniki bis zu seinem Tod in Istanbul am 10. November 1938 teils in Original-Filmdokumenten und teils mit der Hilfe von Schauspielern nach.

Wirbel vorprogrammiert
Dündar präsentiert einen Atatürk, der nicht nur die Türkei gründet und die Erben des Osmanischen Reiches auf Westkurs setzt, sondern der auch jeden Tag reichlich dem Nationalschnaps Raki zuspricht. Bei Dündar raucht Atatürk jede Menge Zigaretten und denkt über eine Autonomie für die Kurden nach. Er lässt sich selber Denkmäler bauen, ist aber im Grunde ein einsamer Mann. Atatürk ist plötzlich ein Mensch mit Stärken und Schwächen.

Für manche Kemalisten, die erzsäkulären Anhänger Atatürks, grenzt diese Porträtierung an Gotteslästerung und Hochverrat. "Seit Jahren versuchen die Kollaborateure des Imperialismus, die Gegner des Nationalstaates, die Schariah-Anhänger und die falschen Republik-Anhänger, Atatürk zu beleidigen und seine Revolution zu zerstören", erklärte der kemalistische Verein für Atatürk'sches Gedankengut (ADD) zu Dündars Film. "Es wird ihnen nicht gelingen."

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