"Abstrakte Pantomime"

Franz Ringel 71-jährig verstorben

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Der scheue Künstler ist im Kreis seiner Familie in Graz verstorben.

Obgleich eine scheue Persönlichkeit, durchzog eine beinahe manische Auseinandersetzung mit seiner eigenen Person das Werk des österreichischen Malers Franz Ringel. Der Künstler ist am heutigen Freitag nach langer Krankheit 71-jährig im Kreis seiner Familie in Graz verstorben. Noch im vergangenen Jahr feierte das Gründungsmitglied der Gruppe "Wirklichkeiten" seinen 70. Geburtstag, zu dessen Anlass Thaddaeus Podgorski jun. sein Filmporträt "M.J.M. Ringel - Notgedrungen Maler" in Metrokino und ORF präsentierte.

Ringel wurde am 1. April 1940 in Graz als Sohn eines Rossknechts und einer Wäscherin geboren und galt trotz seiner Öffentlichkeitsscheu als unbequemer, eigenwilliger Zeitgenosse. Mit sechs Jahren kam er zu Zieheltern, einem steirischen Landesrat und Oberschulinspektor und einer Französin, die Kontakte zur Resistance pflegte, Ringels Interesse für Literatur weckte und sein künstlerisches Talent förderte. Mit dem Choreographen Johann Kresnik besuchte er die Hauptschule, bevor er an der Grazer Kunstgewerbeschule eine Keramikausbildung absolvierte.

Studium in Wien
In Wien studierte Ringel an der Angewandten bei Hans Knesl, danach von 1960-65 an der Akademie bei Albert Paris Gütersloh. Als junger Künstler lernte er Jean Dubuffet und seine  "Collection de l'art brut" kennen und begeisterte sich für die Heftigkeit der Cobra-Maler. Ab 1966 stand Ringel in engem Kontakt zu Leo Navratil und den Künstlern von Gugging. Zur Gründung der Gruppe "Wirklichkeiten" kam es im Jahr 1968, als der Kunstkritiker Otto Breicha in der Secession unter diesem Titel sechs bis dahin weitestgehend unbekannte Malerpersönlichkeiten ausstellte: Neben Ringel waren dies Martha Jungwirth, Peter Pongratz, Wolfgang Herzig, der 1992 verstorbene Kurt Kocherscheidt und der 2009 verstorbene Robert Zeppel-Sperl. Die lose Gruppe von Individualisten verband die Auflehnung gegen die dominierenden Abstrakten rund um die Galerie St. Stephan und die Wiener Schule des Phantastischen Realismus.

Das malerische Werk Ringels wurde geprägt von einem expressiven Gestus und intensiven Farbigkeit, immer wiederkehrende Themen und Antriebskräfte waren Angst und Eros. Eine neue Richtung schlug der Künstler im Alter von 40 Jahren ein, als er eine "grüne" Phase begann und die ursprünglich oft verwendete Ölkreide durch Acrylfarbe ersetzte. Seine jüngeren Arbeiten bevölkerten mitunter groteske Zwitterwesen, die sich zu expressiven Kopfformationen und Gesichtslandschaften wandelten. 1981 begann er, seine Werke mit MJM Ringel zu signieren und einer gezeichneten Ringel-Blume zu versehen, wobei die Initialen für die drei wichtigsten Frauen in Ringels Leben, seiner Ziehmutter Margarete, der Mutter Juliane und seiner Ehefrau Maria standen.

"Abstrakter Pantomime"
Vom Kunst-Experten Peter Gorsen wurde er einmal als "abstrakter Pantomime" bezeichnet, der mit seinem Oeuvre in der "österreichischen Tradition der expressiven Körpermalerei" stand. Als Ausgangspunkt für etliche seiner Bilder diente die Literatur, wie in frühen Arbeiten beispielsweise eine Kasperl-Figur aus Konrad Bayers Stück "Kasperl auf dem elektrischen Stuhl" auftauchte, oder in späteren Zyklen wie die "Odyssee" 1985.

1991 erschien eine von Franz Schuh herausgegebene Monografie, 1999 anlässlich einer Ausstellung im Palais Harrach der Katalog "Franz Ringel. Die Reise nach Petuschki" mit Arbeiten von 1966 bis 1998. Der Faksimile-Bildband "Franz Ringel: Achtundsiebzig Bilder für Maria" mit Aktzeichnungen seiner 1993 verstorbenen Frau wurde 1997 zu einem der schönsten Bücher Österreichs gekürt. Anlässlich seines 65. Geburtstages widmete das Essl Museum dem Maler eine umfangreiche Retrospektive. Offizielle Auszeichnungen waren u.a. der Würdigungspreis für Bildende Kunst des Unterrichtsministeriums (1991) und jener des Landes Steiermark für Bildende Kunst (1993).

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