64. Berlinale

Goldener Bär geht an chinesischen Krimi

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Hauptpreis und Darstellerpreis der Filmfestspiele an "Bai Ri Yan Huo".

Das asiatische Kino ist der große Gewinner der 64. Berlinale. Den Goldenen Bären der Berliner Filmfestspiele holte am Samstagabend der brutale chinesische Krimi "Bai Ri Yan Huo" (Schwarze Kohle, dünnes Eis) von Yinan Diao. Auch der Darsteller- und der Kamerapreis gingen nach China. Die Auszeichnung für die beste Schauspielerin nahm eine Japanerin entgegen.

   Mit dem überraschenden Hauptpreis für den Genre-Film "Bai Ri Yan Huo" entschied sich die Jury unter Vorsitz von "Brokeback Mountain"-Produzent James Schamus gegen den als heißen Favoriten gehandelten Lieblingsfilm der Festivalbesucher: US-Regisseur Richard Linklater erhielt für sein berührendes Drama "Boyhood" über das Heranwachsenen eines Buben aus Texas aber immerhin den Preis für die beste Regie.

   Auch die Deutschen gingen nicht leer aus. Die Geschwister Anna und Dietrich Brüggemann nahmen für das Drama "Kreuzweg" über religiösen Fanatismus den Silbernen Bären für das beste Drehbuch entgegen. Der österreichische Film wiederum ging im Wettbewerb zwar leer aus. Hubert Sauper ("We Come as Friends") und Johannes Holzhausen ("Das große Museum") erhielten von Nebenjurys aber den Friedensfilmpreis und den Caligari-Filmpreis.

   Im Gewinnerfilm "Bai Ri Yan Huo" zeichnet der Regisseur ein düsteres Bild vom Alltag im gegenwärtigen China: Gefühle zählen in der verästelten Detektivgeschichte nicht. "China ist in einer Zeit großer Wandlungen. Manche Verbrechen wirken auf mich wie Spiegel unserer Gegenwart", so der Filmemacher. Zugleich betonte er in Berlin: "Eine besondere politische Bedeutung hat der Film nicht." Bei der Preisverleihung war er sichtlich bewegt.

   Der Film handelt von der Aufklärung grausiger Morde. Es geht um Rache, Liebe und Sex. Der Titel "Schwarze Kohle, dünnes Eis" spielt auf entscheidende Schauplätze an: Kohletransporter und eine Eislaufbahn. Bezüge zu konkreten Ereignissen hat der Film nicht. Allerdings gestand Yinan Diao ein: "Als wir das Drehbuch 2005 geschrieben haben, gab es einige Kriminalfälle in China, die uns sicherlich beeinflusst haben."

   Stilistisch lehnt sich der überwiegend in kalten Winterbildern gehaltene Krimi an das Genre des Film noir der 1940er Jahre in Hollywood an. Die Bilder werden von scharf herausgearbeiteten Schatten dominiert, die Akteure agieren äußerst kühl, die Dialoge sind knapp und pointiert. Hauptdarsteller Fan Liao, der den Silbernen Bären als bester Schauspieler erhielt, gibt den Detektiv als stoischen, in sich gekehrten Einzelgänger.

   Ganz anders die Rolle der 23-jährigen Japanerin Haru Kuroki, die in "Chiisai Ouchi" (Das kleine Haus) von Altmeister Yoji Yamada ein zartes, nur einmal nicht gehorsames Dienstmädchen in einem Tokioter Haushalt der 1930er und 40er Jahre spielt - und dafür den Silbernen Bären als beste Schauspielerin erhielt.

   Mit dem Preis für die beste Kamera ging eine weitere Trophäe nach China: Jian Zeng bekam den Preis für seine Bilder zu dem Drama "Tui Na" (Blinde Massage) über die blinden und sehbehinderten Angestellten in einem Salon für medizinische Massagen. Den meisten Spaß gab es im Berlinale-Wettbewerb mit Wes Andersons Komödie "Grand Budapest Hotel", die mit dem Großen Preis der Jury ausgezeichnet wurde.

   Die Jury bewies vor allem mit der Vergabe des Goldenen Bären wieder, dass sie eine rege Eigendynamik besitzt und sich nicht von öffentlichen Bravo- oder Buhrufen beeinflussen lässt. Das Festival selbst feierte unterdessen den größten Besucherzustrom in seiner 64-jährigen Geschichte: 330.000 Karten wurden für die mehr als 400 Filme verkauft. Am Sonntag endet die Berlinale traditionell mit einem Publikumstag und ausgewählten Filmen.
 

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