Grusel-Musical

"Hafen Wien" im Rabenhof uraufgeführt

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Ernst Moldens "Singspiel von den Toten" beschäftigt sich mit untoten Wasserleichen.

Ein angeblich aufgelassener Friedhof samt seltsamem Totengräber und wiedergängerische Wasserleichen: Ernst Moldens neues Singspiel "Hafen Wien", das gestern seine Uraufführung im Wiener Theater Rabenhof feierte, scheint beweisen zu wollen, dass auch die österreichische Hauptstadt sehenswerte Grusel-Musicals hervorbringen kann. Dies ist durchaus gelungen; das Premierenpublikum zeigte sich begeistert.

Wien als Szene für untote Wasserleichen

Molden sucht das Unheimliche in unmittelbarer Umgebung Wiens: Nach dem gruseligen Wienerwald im ersten Singspiel des Musikers, "Häuserl am Oasch", ist im neuen Stück der sagenumwobene Friedhof der Namenlosen in Simmering Schauplatz von schaurigen Geschehnissen. Der Stadtplaner Hrdlicka begibt sich mit i-Pad an die Donau, um dort Planungen für ein neues, "smartes" Wohnviertel voranzutreiben. Sein Plan stößt beim eigentümlichen Totengräber Pribil und der geheimnisvollen Würstelbudenbetreiberin Hilde auf wenig Gegenliebe. Bald sieht Hrdlicka im nebligen Wald Gespenster, oder besser gesagt ein Wasserleichenpaar, das nicht sterben kann und auf Erlösung wartet - eine nicht ungefährliche Aufgabe für den Großstädter.

Top besetztes Grusel-Musical
Die an Wiener Sagen wie das Donauweibchen angelehnte Handlung ist zwar relativ voraussehbar, bietet aber dennoch genügend Unterhaltungswert, um keine Langeweile aufkommen zu lassen. Das ist auch ein Verdienst der Schauspieler: Besonders Eva Maria Marold als Hilde und Michou Friesz in ihrer Rolle als ertrunkene Freifrau überzeugen. Heribert Sasse gibt den Totengräber routiniert, Markus Kofler darf als Kutscher wieder einmal Kärntnerisch sprechen und singen. Als fortschrittsgläubiger Stadtplaner spielt Gerald Votava gut, allerdings könnten auch seine Gesangseinlagen noch Fortschritte vertragen.

Molden mit Band Backstage
Ernst Molden, der das Stück schrieb und komponierte, begleitet die Aufführung mit seiner Band live hinter einer weißen Tuchwand, auf der gelegentlich die Schatten der Musiker zu sehen sind. Musikalisch folgen die Lieder Molden-typisch der Volksliedtradition, was sich auch in den häufig ironischen Wienerischen Texten, wie etwa "De Feichtn", zeigt. Manche Songs gehen in Richtung Blues, andere zeigen Rock-Affinitäten. Dass die an sich guten Gesangseinlagen nicht immer zur aktuellen Handlung passen, hinderte das Publikum nicht daran, jede musikalische Darbietung mit Applaus zu quittieren.

Horror-Stück ohne Schnörkseln
Der Leiter des Theater Rabenhof, Thomas Gratzer, inszenierte das "Singspiel von den Toten", so der Untertitel, wie Moldens erstes Stück schnörkellos. Die holzschnittartige Bühne mit Wald, Friedhof und Würstelbude (Ausstattung: Gudrun Kampl) bietet einen angemessenen Raum für die mehr unterhaltsame als gruselige Geschichte, und die musikalische Darbietung der Band ist mehr als tadellos. Der begeisterte Applaus für alle Mitwirkenden deutet auf einen Erfolg, den man Moldens Stück durchaus gönnt.

Info

"Hafen Wien" von Ernst Molden, Regie: Thomas Gratzer, Ausstattung: Gudrun Kampl; Mit Gerald Votava, Heribert Sasse, Eva Maria Marold, Michou Friesz, Markus Kofler; Rabenhof, Wien 3, Rabengasse 3; Nächste Vorstellungen: 27., 28.9., 4., 5., 19., 20.10., 9., 10., 26., 27.11., 20 Uhr, Karten: 01 / 712 82 82, www.rabenhoftheater.com

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