Roman des Sommers

Heller: Nur im Süden ist Rettung

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André Heller ist mit seinem Roman „Das Buch vom Süden“ auf Lese-Tournee.

André Hellers Roman Das Buch vom Süden hält sich nun schon Wochen in den Belletristik-Charts (diese Woche auf Platz 5; siehe rechte Seite).

Durch das Werk zieht sich ein Leitmotiv: „Nur im Süden ist Rettung“, sagt Julian Passauers Vater Gottfried. Und auch Julian selbst ist – wie wir Seite für Seite erfahren – dieser Überzeugung.

Amstetten gegen Lucca in der Toscana tauschen

Gottfried Passauer ist stellvertretender Direktor des Naturhistorischen Museums in Wien und residiert mit seiner Familie im Dachgeschoß von Schloss Schönbrunn.

Er verachtet die Politiker seiner Zeit, weil es ihnen nicht gelungen ist, Vorarlberg gegen Istrien einzutauschen „oder wenigstens Attnang-Puchheim und Amstetten gegen Lucca in der Toscana“, wie es wörtlich heißt.

Magnetisiert. Auch Gottfrieds Sohn Julian – kurz nach Kriegsende geboren und in Hellers famosem Entwicklungsroman ein luzider und „fleißiger Taugenichts“ – zieht es magnetisch in den rettenden Süden.

Die Story: Nach seinen Hietzinger Kinderjahren in einem ausnehmend geist- und liebevollen Elternhaus, begleitet und gesäumt von staunenswerten Exzentrikern, wie dem ­Teehändler und „Hauswüstling“ Hugo Cartor, dem philosophierenden „Warzenkönig“ Grabowiak oder dem räsonierenden Ex-Weltklasseschwimmer Graf Eltz, umrundet er im Zuge einer langen Schiffsreise Afrika.

Gardasee. Nach dem Abbruch des Studiums wird Julian professioneller Pokerspieler und erspielt sich ein Vermögen, mit dem er sich in der charismatischen Villa Piazzoli am Gardasee einnistet. Und dort begegnet er den Frauen seines Lebens.

Kritiker: »Was für ein zauberhaftes Buch!«

„Was für ein zauberhaftes Buch! (…) Was für eine Sprache!“, schwärmte der Buchkritiker der Basler Zeitung, einhellig mit den Rezensionen vieler Feuilletons im deutschsprachigen Raum, die den Roman als ideale Lektüre für diesen Sommer anpreisen.

Heller seien „wahre Meisterstücke der feinen Menschenbeobachtung und präzisen Situationsbeschreibung“ gelungen, „etwa die Schilderung vom Eintreffen der Russland-Heimkehrer auf dem Wiener Südbahnhof im März 1953, an einem Tag, ,erobert von der Farbe Grau‘“, zeigte sich auch der Kollege der Neuen Zürcher Zeitung ­beeindruckt vom Buch des Südens.

Heller eröffnete den 
Paradiesgarten »Anima«

Heller-Kenner werden in ihm viel Autobiografisches finden – der Autor lebt selbst in Afrika, wo er kürzlich den marokkanischen Paradiesgarten Anima finalisiert und eröffnet hat. Davor hatte er über Jahre den Giardino Botanico in Gardone am Gardasee kultiviert.

Fantasie. Doch auch viel Imaginiertes und Fantasiertes ist zu entdecken – Julian Passauers zwar skurriler, aber doch fürsorglicher Vater etwa hat nicht viel mit André Hellers tatsächlich exzentrischem Papa zu tun.

Philosophisches: »Ganze Welt is a Schas!«

Man kann über dem Roman hell auflachen (O-Ton: „,Die ganze Welt is a Schas‘ fasst in einem Satz zusammen, was Hunderte pessimistische Philosophen auf Tausenden Buchseiten zu ergründen versuchten“).

Katastrophe. Und man ist nachhaltig beklommen, wenn Heller etwa die unerhört traurige Geschichte von dem ungarischen Juden erzählt, der seinem kleinen Bruder auf der Flucht vor den Nazis bei einer Kompottfabrik heimlich das Fleisch von Pfirsichkernen zu essen gab, um ihm mittels Blausäure die endgültige Katastrophe zu ersparen.

André Heller präsentierte Das Buch vom Süden im Wiener Burgtheater und bei den Salzburger Festspielen. „Ich erlebe so viel an Zuneigung, in übervollen, begeisterten Sälen und immerzu Hunderte Menschen, die sich geduldig bis zu zwei Stunden um eine Signatur in das Buch anstellen, dass ich aus dem Dankbarsein gar nicht mehr herauskomme“, staunt der Autor. (hir)

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