Tex Rubinowitz

Neuer Roman vom Star-Zeichner

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Der Star-Cartoonist legt einen neuen Roman vor: „Lass mich nicht allein mit ihr“.

Tex Rubinowitz ist in der Defensive. Da hat er sich eingerichtet und ­einen neuen Roman geschrieben. Lass mich nicht allein mit ihr ist ein Spiegelgefecht mit dem Literaturbetrieb, eine narratologische Kopfgeburt und eine muntere Suada, die sich in permanenter Eigenanklage gegen jede mögliche Kritik immunisiert. Um als gute Lektüre durchzugehen, müsste sie aber noch ein kleines bisschen witziger sein.

Erzählerische Manöver aus dem Hinterhalt

An erzählerischen Manövern aus dem Hinterhalt mangelt es dem in Wien ­lebenden Cartoonisten, Schriftsteller und TV-Mastermind jedenfalls nicht: Als realer, fiktiver sowie impliziter Autor tritt Tex Rubinowitz auf und schnell wird klar, dass es sich dabei keinesfalls um dieselbe Person, vielmehr um zumindest drei, eher noch vier verschiedene handelt. Am Beginn steht die zermürbende Erkenntnis des Verlagslektors, dass er, Rubinowitz, einfach nichts Substanzielles zu erzählen habe. Am Ende ist diese Einsicht auch beim Leser angekommen. Dazwischen liegen 280 Seiten erklecklich unterhaltsamer Selbstpersiflage, wirrer Plot-Kon­struktion und die eine oder andere spaßige Episode.

Dabei gilt als Regel: Je näher wir an der außerfiktionalen Realität des Autors sind, desto spaßiger. Und wir sind oft ziemlich nahe dran, nur um immer wieder – ehrlich gesagt: viel zu oft – zu merken, dass die Autofiktion sich schon wieder eingeschlichen hat. Getarnt als Paranoia eines krisengebeutelten Erzählers, der das Leservertrauen schon zu gründlich verloren hat, um noch damit spielen zu können. „Das Genre, an dem du dich hier abstrampelst, heißt ‚Unzuverlässiges Erzählen‘. Das erfordert eine hohe erzählerische Kunstfertigkeit und großes psychologisches wie syntaktisches Wissen, aber du bringst das nicht, weil du immer mit dem eitlen Glöckchen klingeln musst (…).“

Selbstverliebte 
Vexierspiele

Auf den letzten Seiten des Buchs solche und andere treffende Selbstrezensionen zu lesen, ist kaum geeignet, den frustrierten Leser mit einem Roman zu versöhnen, der seitenweise damit wirbt, sich mit selbstverliebten Vexierspielen um eine funktionierende Geschichte zu drücken. Die Fragmente der Handlung lassen sich etwa so beschreiben: Weil Tex nicht weiß, was er zu erzählen hat und von seinen vergangenen literarischen Erfolgen nur öffentliche Missgunst und Plagiatsvorwürfe geblieben sind (die er freilich absichtlich konstruiert hat, um wenigstens irgendeine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken), sucht er sich ein möglichst abstruses Thema: Ein Arbeitskollege, den er kaum kannte, sei im Kleiderschrank der Schauspielerin Anja Kruse gefunden worden und offenbar bei einer autoerotischen Praxis ums Leben gekommen.

Es beginnt eine einigermaßen nachvollziehbare Geschichte über Abdul, den toten Arbeitskollegen, der offenbar umgekehrt von Tex besessen war und ein Romanfragment hinterlassen hat, in dem er sich als Erzähler als Tex Rubinowitz ausgibt, der ein eben nicht ganz autobiografisches Buch schreibt. Dass wir kurz darauf in ebendiesen Text einsteigen, der dem Rest des Buches in fast allen, aber eben nicht allen Details gleicht, versteht sich von selbst. Sobald ein Erzählstrang eta­bliert ist, wird er allerdings schnell und nicht allzu kunstfertig als Erfindung, schizophrene Einbildung oder psychoanalytische Sublimierung dekonstruiert und sogleich literaturkritisch versiert auseinandergenommen. Das ist auf Dauer vor allem eines: ziemlich anstrengend.

Fake News und 
Satiremagazine

Klar, Fake News und Satiremagazine stehen derzeit hoch im Kurs. Wer hier aber euphorisch das literarische Pendant zum Zeitgeist zu entdecken meint, dem sei eine nicht einmal besonders ausführliche Lektion in Literaturgeschichte ans Herz gelegt. Das Spiel mit Erzählebenen, mit Fiktion und Illusion, die in der Literatur eben nicht Lüge und Täuschung heißen, ist eines der zentralen Wesensmerkmale des Literarischen. Es zum Selbstzweck zu erklären war noch nie eine gute Idee.

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