Parsifal in der Staatsoper

Bühnenweihfestspiel mit Einspringerlöser

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Christopher Ventris überzeugte anstelle des erkrankten Jonas Kaufmann.

Stell Dir vor, es ist Karfreitag und der Erlöser ist krank. Und dann heißt der Erlöser auch noch Jonas Kaufmann. So schmerzlich der Verlust das Publikum beim traditionellen "Parsifal" in der Wiener Staatsoper auch traf, mit dem britischen Einspringerlöser Christopher Ventris war die Phase der Trauer schnell überwunden. Gemeinsam mit Generalmusikdirektor Franz Welser-Möst am Pult gewann man das Publikum mit einer intimen Variation der Wagner'schen Apotheose in der Inszenierung von Christine Mielitz aus 2004.

Alter "Parsifal" Hase als Ersatz
Ventris hatte die Titelrolle in der Parabel des reinen Toren, der zum Erlöser reift, im Haus am Ring bereits zehnmal gesungen. Insofern gelang es Direktor Dominique Meyer, einen würdigen Ersatz für Kaufmann aus dem Hut zu zaubern, als dieser sein Wagner-Debüt in der Staatsoper für den gestrigen Abend krankheitsbedingt absagen musste. Nach jetzigem Stand plant Kaufmann weiterhin, bei der nächsten Aufführung am Sonntag auf die Bühne zu treten. Zum Publikumsliebling bei seinem vierten Einsatz als weiser Gurnemanz mauserte sich unterdessen Kwangchul Youn mit edlem, saftigem, wenn auch nicht übermäßig durchschlagkräftigem Bass. Der Wagner-erfahrene Tomasz Konieczny als weidwunder Amfortas fing sich nach einem etwas atemlosen Beginn mit überprononcierten Konsonanten und eng geführter Höhe und beeindruckte als leidender Gralshüter.

Die dunkle Seite der Macht
Anders die Situation auf der dunklen Seite der Macht, wo die deutsche Sopranistin Evelyn Herlitzius bei ihrem Rollendebüt als getriebene Verführerin Kundry eine schneidende Intonation offenbarte, mit der man wohl nur schwerlich einen zölibatär lebenden Ritter verführen könnte - zumal Herlitzius im Gegensatz zu Angela Denoke im Vorjahr beim Aufeinandertreffen mit Parsifal die letzte Hülle nicht fallen ließ. Den gepressten, etwas unwillkürlichen Intonationswechseln stand allerdings eine große Ausdruckskraft im Schauspiel gegenüber. Wolfgang Bankl gab an ihrer Seite als Routinier wieder den schmierig-diabolischen Klingsor in einer Mischung aus Weltherrscher und Puffvater. Am Pult seines zweiten Staatsopern-"Parsifals" ließ unterdessen Franz Welser-Möst stets den Sängern den Vortritt. Er legte eine intimere Interpretation als Christian Thielemann im Vorjahr vor, setzte auf längere Pausen, ohne den großen Bogen streckenweise zu scheuen. Seine Auslegung ist transzendenter, wenn auch das gewebte Klangmuster fallweise zur wabernden Klangmasse quoll. Das Staatsopernorchester verstand sich als Dialogpartner der Sänger. Ostern kann also kommen.

Info
Richard Wagners "Parsifal". Inszenierung: Christine Mielitz, Musikalische Leitung: Franz Welser-Möst. Mit u. a. Jonas Kaufmann/Christopher Ventris (Parsifal), Kwangchul Youn (Gurnemanz), Evelyn Herlitzius (Kundry), Thomasz Konieczny (Amfortas), Wolfgang Bankl (Klingsor). Weitere Vorstellungen am 31. März sowie am 4. April. Dann wieder am 17., 21. und 24. April 2014. Karten unter 01/5131513 oder www.staatsoper.at)

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