Interview

Rainhard Fendrich: "Austropop ist tot!"

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Fendrich  im Talk über Absturz, Aufbruch und sein neues Album "Meine Zeit“.

Das Album endet mit einem berührenden "Abschied“ vom verstorbenen Freund Georg Danzer. Auch in den vorangehenden 13 selbst getexteten und komponierten Liedern hat sich Rainhard Fendrich (55) seiner Vergangenheit gestellt: Von Liebe und Todessehnsucht singt er auf seiner neuen CD Meine Zeit (ab 24. 9.), rechnet mit der Society ab ("Bussi Bussi“) und verabschiedet sich vom Luxus-Leben ("Mehr“).

Interview
Mit ÖSTERREICH sprach er über neue Demut, alte Fehler und warum der Austropop gestorben ist:

ÖSTERREICH: Sie werden Vater, sind seit einem Kokain-Entzug clean und präsentieren am Freitag, 24.9. Ihre CD "Meine Zeit“ – beginnt jetzt eine neue Zeitrechnung?
Rainhard Fendrich:
Ja, ich bin in einer Aufbruchsstimmung. Das Baby ist ein Geschenk, war nicht geplant. Ich freue mich aber sehr darauf. Und da der Austropop ausgestorben ist – weil die Musik ein Spiegel der Zeit ist und die Zeit heute nicht mehr so unbeschwert ist – bin ich zu meinen Wurzeln als Liedermacher zurückgekehrt.

ÖSTERREICH: Keine Angst, dass Ihre Zeit vorbei ist?
Fendrich:
Ich weiß nur, dass ich realisieren muss, und zwar überhaupt nicht deprimiert, dass ich in der Hälfte meines Lebens bin. Ich gehe mit meiner Zeit viel kostbarer um. Ich bin, wenn man so will, in meinem Leben angekommen.

ÖSTERREICH: Wie?
Fendrich:
Ich habe meine Wertigkeiten neu adjustiert. Mir geht es nicht mehr ums Repräsentieren, sondern ums Präsentieren. Ich würde mir sicherlich nie mehr Dinge kaufen, um andere zu beeindrucken.

ÖSTERREICH: "Mehr“, "Luise“ oder "Bussi Bussi“ gehen mit der Society hart ins Gericht. Eine Abrechnung?
Fendrich:
Mir macht der rote Teppich keinen Spaß mehr. Mir hat er Spaß gemacht, ja! Aber es war eine Zeit des unglaublichen Glamours. Viele Lieder auf dem Album sind über Habsucht. Ich glaube, dass sie auf die Dauer kein gesunder Zustand ist. Daher versuche ich, das Ying zum Yang zu haben. Wenn ich jetzt 50 Konzerte spiele, sind mir die Pausen wichtig.

ÖSTERREICH: Sind Sie mit 55 fit für diese Ochsentour – und auch für das Baby?
Fendrich:
Ein 55-Jähriger ist heute nicht mehr wie früher. Mein Vater war ein alter Mann und davon bin ich Gott sei Dank weit entfernt. Und eine Ochsentour ist es nur, wenn man ein Ochse ist, der sich vor einen Karren spannen lässt. Der bin ich nicht mehr.

ÖSTERREICH: Keine Gefahr, bei Erfolg wieder abzuheben und rückfällig zu werden?
Fendrich:
Abheben kann ich mir nicht mehr vorstellen, weil sich meine Wertigkeiten verschoben haben. Dankbarkeit und Demut sind mir wirklich wichtig. Drogen können mir sicher nicht mehr passieren.

ÖSTERREICH: "Pures Gold“ ist eine Liebeserklärung – an Ihre Freundin Ina Nadine?
Fendrich:
Ja, auch. Es ist eine Danksagung an Menschen, die absichtslos in mein Leben gekommen sind und mir geholfen haben. Die nur da waren und durch einen Satz, eine Geste, ihre Anwesenheit mein Leben verändert haben. Das sind meine Engelsfiguren.

ÖSTERREICH: Habsucht, Engel. Klingt, als wären Sie religiös geworden?
Fendrich:
Ja, ich glaube, dass mich der liebe Gott behütet hat. Nur bei uns ist Glaube so lächerlich. Jeder, der mit wachen Augen durch die Natur geht, muss erkennen: Da gibt es jemanden, der viel schlauer ist als ich. Ich bin es gewohnt, dass mich Leute komisch anschauen, aber ganz komisch schauen sie mich an, wenn ich in einer Kirche ins Weihwasser hineingreife. 


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