Kritik

Shakespeare-Drama als One-Man-Show

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Sternstunde der Schauspielkunst im Akademietheater: Bechtolfs tolles Solo. 

Am Wochenende brillierte Sven-Eric Bechtolf in einem Gastspiel des Hamburger Thalia Theaters als Shakespeares König Richard II. im Wiener Akademietheater. Und zwar solistisch; die junge Regisseurin Cornelia Rainer hat Bechtolfs One-Man-Show eingerichtet.

Usurpator
Das 1595 entstandene Königsdrama des unsterblichen Elisabethaners, eine Mischung aus Historie und Tragödie, erzählt vom Sturz des dekadenten, unfähigen Königs Richard II., der vom Usurpator Bolingbroke, dem späteren Heinrich IV., entthront und in den Tower geworfen wird. Shakespeares dreißig Schauspieler umfassendes Personal wird von Bechtolf virtuos übernommen: Er ist nicht nur der unglückliche König, der im Kerker sein Leben Revue passieren lässt, er verwandelt sich auch in den greisen John Gaunt, der dem König auf dem Sterbebett den Untergang prophezeit, oder in Bolingbroke, den er verbannt.

Tragisch
Aus einem Loch im Boden zieht Bechtolf eine riesige blaue, goldbestickte Samtrobe, seinen Krönungsmantel, in dem er zynisch grinsend Gericht hält. In hochstilisierten rhetorischen Monologen beruft er sich auf die Rechtmäßigkeit der Thronfolge; Bechtolfs Richard ist nicht schon tragischer Held, weil er leidender Held ist, sondern weil er zu spät zur Erkenntnis gelangt und sein Fehlverhalten mit dem Leben bezahlen muss.

Narr
Ab 22. 12. ist der Bühnengigant im Burgtheater als Narr in Shakespeares Komödie Was ihr wollt in Matthias Hartmanns Regie zu erleben.

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