"Spatz und Engel"

Piaf und Dietrich glänzen auf Burg-Bühne

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Happel und MacDonald begeistern mit gelungenen Beziehungsdrama um Stars.

"Non, je ne regrette rien" - das können sich Maria Happel und Sona MacDonald nach der gestrigen Burgtheater-Premiere mit Fug und Recht sagen. Wie sie die Lieder von Edith Piaf und Marlene Dietrich in Begleitung eines kleinen Bühnenorchesters auf der Theaterbühne interpretierten - dafür brauchen sie sich keine Sekunde zu verstecken. Ob dagegen das dazwischen eingefügte Stück "Spatz und Engel", das die Beziehung der beiden Chanson-Superstars als bittersüße Liebesgeschichte erzählt, für den knapp zweistündigen Abend ein großer Gewinn ist, ist viel weniger sicher.

Zwei faszinierende Persönlichkeiten im Burgtheater
Dass Edith Piaf, der kleine, zähe "Spatz von Paris", und Marlene Dietrich, der kühle "Blaue Engel" mit den langen Beinen, faszinierende Persönlichkeiten sind, steht außer Zweifel. Dass Maria Happel und Sona MacDonald dank Schauspielkunst, Bühnenpräsenz und Persönlichkeit (und bei MacDonald auch noch mit erstaunlicher Ähnlichkeit) diese Rollenvorgaben so perfekt zu erfüllen verstanden, war bereits eine kleine Überraschung. Dass aber die zahlreichen Lieder, von denen leider allzu wenige zur Gänze gesungen wurden, von den beiden auf derart hohem Niveau interpretiert wurden, war schon fast eine Sensation.

Klassiker mit dabei

Nachdem sie sich warm gesungen hatte, füllte vor allem Happel ganz mühelos (allerdings Mikroport-unterstützt) den großen Raum. "Mylord" oder "La vie en rose" wurden zu gefühlvollen, eigenständigen Interpretationen, die einen mitunter die Tränen in die Augen trieben - denn erzählt wurde die ganz und gar tragische Geschichte einer auf der Suche nach Lebensglück scheiternden Künstlerin, die in einer selbstbewussten, souveränen Kollegin eine Gefährtin, Unterstützerin, Geliebte und Freundin findet. Der fröhlich geschmetterte Song "Wenn die beste Freundin" ist einer der Höhepunkte der auflockernden Einlagen in der von Burg-Chef Matthias Hartmann besorgten szenischen Einrichtung. Auch ihre erste persönliche Bekanntschaft auf der Damentoilette im Backstagebereich einer New Yorker Bühne ist ein Kabinettstückchen.

Künstlerisches Fazit

Ansonsten sind die beiden Darstellerinnen in der von Daniel Große Boymann und Thomas Kahry nach einer Idee von David Winterberg geschriebenen Szenenfolge ein wenig unterfordert. "Spatz und Engel" soll auf wahren Begebenheiten beruhen, die Beziehung der beiden Stars tatsächlich so eng gewesen sein. Das Kräfteverhältnis der beiden ist allerdings so schwarz-weiß gezeichnet wie die Bühnenkostüme der Darstellerinnen (weißer Hosenanzug für MacDonald, schwarzes Kleid für Happel). Ob Piaf wirklich so anlehnungs- und hilfsbedürftig war, dürften nicht nur Besucher des eindrucksvollen Biopics "La Vie En Rose", für den Hauptdarstellerin Marion Cotillard 2008 mit dem Oscar ausgezeichnet wurde, in Zweifel ziehen.

Wander nach Graz weiter
"Spatz und Engel", das bereits am 28. Mai bei der Benefiz-Gala "Nein zu Arm und Krank" als szenische Lesung aufgeführt und nun als Uraufführung ausgeschildert war, wird künftig nicht nur am Burgtheater, sondern auch am kooperierenden Schauspielhaus Graz gezeigt werden (erstmals am 28. September). Nicht nur, weil Marcus Kiepe, Dirk Nocker und Alexandra Henkel in diversen Nebenrollen den Abend nicht wirklich bereichern, würde man eine Rückführung zur szenisch reduzierten "musikalischen Lesung" (als die in Graz die Vorstellung angekündigt wird) für keine schlechte Idee halten. Vor allem aber wäre jedes zusätzliche Lied der beiden großartig singenden Darstellerinnen ein Gewinn. Dafür schon jetzt ein großes "Merci!"

Info
"Spatz und Engel" von Daniel Große Boymann und Thomas Kahry nach einer Idee von David Winterberg, Einrichtung: Matthias Hartmann, Bühnenbild: Volker Hintermeier, Kostüme: Lejla Ganic, Arrangement und musikalische Leitung: Otmar Klein, Mit: Maria Happel, Sona MacDonald, Marcus Kiepe, Dirk Nocker und Alexandra Henkel, Musiker: Lenny Dickson, Philipp Jagschitz, Otmar Klein, Heidemarie Mravlag, Florian Moser, Robert Pistracher, Andreas Radovan, Claus Riedl, Simon Schnellnegger, Milos Todorovski; Nächste Vorstellungen: 18.9., 29.10.; www.burgtheater.at


 

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