Opern-Premiere

Weltenbrand am Weihnachtsmarkt

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Starker Beifall, aber auch Buhrufe für die Premiere der "Götterdämmerung" in der Staatsoper.

Eine Utopie Wagners
Verrat, Täuschung, Mord herrschen in der Welt der Götter, Sagengeschöpfe, Heroen. Ein gewaltiges Feuer vernichtet ihre Machtstrukturen. Liebe soll Mensch und Natur von Egoismus und Habgier erlösen. Davon handelt Richard Wagners "Götterdämmerung", doch sein kühner Gedanke blieb Utopie. Denn einer hat bis in unsere Zeit überlebt: Alberich, mit dessen Goldraub der vierteilige "Ring"-Zyklus beginnt.

Miniatur-Wagner auf der Bühne
Eine neue Produktion der "Götterdämmerung" sollte Größe haben, eine Vision vermitteln. Sven-Eric Bechtolf verkleinert jedoch die Handlung. Er will menschliches Maß auf der Bühne. Dazu gehörte Wortdeutlichkeit, die von ihm gefordert, aber von den Sängern nur rudimentär geboten wird. Sehr gut gelingen ihm alle Szenen, in denen Konflikte in Aktion münden. Das hat Psychologie, Einfachheit, Glaubwürdigkeit. Die Langstrecken mit kontemplativen Erzählungen wirken und machen müde. Und am Schluß sieht und hört man die private Klage einer Frau, die ganz allein vor der Leiche ihres Mannes steht. Der intendierte Weltenbrand gerät im Bühnenbild Rolf Glittenbergs eher zum illuminierten Weihnachtsmarkt.

Kraftvolle Sänger
Alle Sänger haben genug Kraftreserven, um den Abend durchzustehen. Eva Johansson als Brünnhilde (gute Höhe, schwache Mittellage, herrliches Aussehen), Mihoko Fujimura als Waltraute (eine der berührendsten Szenen), Boaz Daniel als Gunther (stimmlich souverän und als Akteur konturiert), Stephen Gould als Siegfried (ein menschlicher Held und nuancenreicher Tenor), vor allem aber Eric Halfvarson als Hagen (in jeder Hinsicht eine Idealbesetzung) machen Eindruck und fordern Respekt.

Die eigentlichen Stars des Abends sind Chor und Orchester. Jener singt mit kraftvoller Schönheit und Präzision, dieses spielt Wagner als groß besetzte Kammermusik. Man hört jede Nuance, jede thematische Pointe, man erlebt einen transparenten Klang und als Kontrast dazu ein Forte von großer Intensität. Franz Welser-Möst beweist einmal mehr, wie sorgfältig er einzustudieren und wie sicher er den Ablauf eines solchen Abends zu disponieren vermag.

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