Ioan Holender

Zum Ende der Sommerspiele

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Wenn man dem PR-Getrommel der Sommerspiele glaubt, hat der Publikumszuspruch allerorts 100% überschritten.

Allmählich gehen sie zu Ende; die Störche am Neusiedlersee fischen auch wieder um die Mörbischer Großseebühne, die Fledermäuse kehren in die Niederösterreichischen Schlossruinen zurück, und auf dem riesigen Autoparkplatz um die Bregenzer Seebühne könnte man jetzt auch gratis parken und nicht nur gegen Gebühr wie während der fünfwöchigen Seespiele.

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Ioan Holender
© oe24

Ioan Holender leitet seit 1991 als inzwischen längstdienender Direktor die Wiener Staatsoper. In ÖSTERREICH ist er regelmäßiger Kommentator politischer und kultureller Themen.

Festspiele
Es ist Zeit, Bilanz zu ziehen, also geben alle Kunde davon, dass es die bestbesuchten Festspiele aller Zeiten waren; dass die Zufriedenheit und Zustimmung der Besucher trotz des mutigen, modernen, ausgefallenen und zukunftsweisenden Spielplans überall 100 Prozent leicht überschritten hat, und dass bei den burgenländischen Festspielstätten, wo man zum Unterschied zu denen von Salzburg schon heute weiß, was und wann man in einem Jahr spielen wird, nahezu alle verfügbaren Karten bereits jetzt vorbestellt wurden.

Erkenntnisse. Neue und wichtige Erkenntnisse sind vor allem dank der Salzburger Festspiele zum Tragen gekommen, da man jetzt allgemein weiß, dass einerseits ungeplante, zufällige und in der Not getätigte kurzfristige Engagements die besseren und erfolgreicheren sind als die geplanten, vorangekündigten und erwarteten; und dass sie andererseits für die nicht aufgetretenen Künstler den Vorteil bringen, dass über sie mehr und ausführlicher berichtet wird als über die an ihrer Stelle Aufgetretenen. So zum Beispiel: Wie hätte die Sopranistin, die nicht gesungen hat, ein Werk gesungen, das sie nicht sang?

Protokollchefin
Den allergrößten Erfolg in sämtlichen Medien aber – vor allem in den sich heuer mindestens verdreifachten Gesellschaftsseiten der Zeitungen und Illustrierten – hatten auf einsamer Spitze die Salzburger Festspiele. Das geht sogar so weit, dass die Protokollchefin der Festspiele (so etwas gibt es dort auch!) als nächste Festspielpräsidentin im Gespräch ist. Weitere neue, zukunftsweisende Erfahrungen waren sogenannte interdisziplinäre Konzerte wie etwa das spanische Operettenkonzert in Salzburg, das durch die Vertragstreue der Hälfte der Mitwirkenden zum einsamen und größten Publikumserfolg des gesamten Sommerprogramms wurde, so dass man jetzt überlegt, diese Art von Programmen auszubauen und als künstlerischen Berater den Leiter der Mörbischer Wasserspiele beizuziehen.

Rekord
Ein Rekord ist auch seitens des Schauspiels zu melden, indem der Titeldarsteller des Jedermann und seine nicht mitwirkende Ehefrau heuer öfter in den Medien abgebildet waren als seine bisherigen Vorgänger zusammen. Außer auf der Bühne am Bodensee – natürlich der größten der Welt –, wo wir schon heute wissen, dass wir auch im nächsten Sommer das größte je gesehene Auge der Welt sehen werden, wissen wir noch nicht überall, was wir sehen und hören werden, aber eines wissen wir schon heute: Die nächsten Festspiele werden noch erfolgreicher sein als die erfolgreichsten des heurigen Sommers.

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